Wien - Der Beschluss für ein neues Hauptquartier des ORF, Conchita Wursts Triumph beim Eurovision Song Contest und jede Menge Chefredakteursablösen: Der Mediensektor präsentierte sich 2014 neuerlich recht turbulent. In den letzten Wochen des Jahres spitzte sich auch der internationale Kampf der Zeitungsverlage gegen den News-Aggregator Google weiter zu.

Nicht nur der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und seine Mitgliedsmedien wollen vom US-Internetgiganten eine faire Abgeltung für die Verwendung ihrer Nachrichten und pochen daher weiter auf die Einführung eines Leistungsschutzrechts. Deutschland ist in dieser Causa bereits einen Schritt weiter, wenngleich nicht unbedingt mit gewünschtem Ausgang: Mehrere Verlagshäuser haben mit der Verwertungsgesellschaft VG Media versucht, Google für die aus ihrer Sicht "gewerbliche Verwertung von journalistischen Inhalten" zahlen zu lassen. Am Ende knickten etliche Medien wieder ein, da Google die Darstellung der Inhalte eingeschränkt hatte. In Spanien drehte Google sogar die Nachrichtenseite Google News ab. Im Zuge einer mit 1. Jänner 2015 wirksamen Urheberrechtsreform wären sonst Zahlungen an die Verlage notwendig geworden.

Beim VÖZ zeigte man sich über diesen Schritt von Google "wenig überrascht" und will weiter an einem Leistungsschutzrecht nach spanischem Vorbild festhalten. In Europa sollten möglichst viele Länder Google entschlossen gegenübertreten, so die Argumentation des Verbands. Unterschreiben würde dies wohl auch der ORF, der sich mit verschiedenen Entscheidungen in den vergangenen Monaten für den Wettbewerb mit internationalen Playern aufstellen will: Allen voran ist dabei der Standortbeschluss vom März zu erwähnen.

Bis 2021 soll der Ausbau und die Adaptierung des ORF-Zentrums am Küniglberg abgeschlossen sein, wo sich bis dahin auch die restlichen Wiener ORF-Standorte - von Funkhaus mit Ö1, FM4 und Landesstudio Wien bis zu Ö3 - wiederfinden werden. Zentraler Knotenpunkt soll dabei ein trimedialer Newsroom werden, dessen Struktur sich stark nach den Genre-Clustern Information, Kultur, Sport und Unterhaltung orientieren soll. Die verschiedenen ORF-Sender sollen künftig eine klare Verantwortung und starke Führung bekommen. All dies ist auch wesentlicher Bestandteil der Strategie "ORF 2020", die vom Management um ORF-Chef Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl ebenfalls verabschiedet wurde. Vor allem gegen die Übersiedelung der ORF-Radios auf den Küniglberg gab es 2014 wiederholt Proteste aus dem ORF-Funkhaus.

Gesetzlich fixiert wurde hingegen das ORF-Film/Fernsehabkommen, wonach der Sender acht Mio. Euro jährlich für heimische Produktionen aufwenden muss. Abseits davon gab sich die Politik in Sachen ORF mit der Reparatur der Faxwahl beim Publikumsrat zufrieden. Die groß angekündigte ORF-Reform ließ auch im vergangenen Jahr auf sich warten. Für Bewegung am Video-on-Demand-Sektor sorgte unterdessen der US-Online-Videodienst Netflix, der seit dem Herbst in Österreich abrufbar ist. Der ORF reagierte auf den globalen Disruptor der TV-Branche mit dem Einstieg beim Video-Portal Flimmit.

Im Unterhaltungssektor sorgten 2014 zwei Österreicherinnen für Furore: Die Kärntnerin Larissa Marolt drückte der diesjährigen Ausgabe des RTL-Dschungelcamps ihren Stempel auf und ist seitdem nicht mehr aus den Klatschspalten wegzudenken. Reichte es für Marolt am Ende aber nur zu Platz zwei in der Show, gelang Conchita Wurst der ganz große Triumph: Die Dragqueen sicherte mit "Rise Like A Phoenix" Österreich den Sieg beim Song Contest in Kopenhagen - und brachte dem ORF damit eine große Aufgabe. Kommenden Mai wird der Gesangswettbewerb in Wien über die Bühne gehen.

Für Rauschen im Blätterwald sorgte auch der Austritt von ATV aus dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). Dieser nehme "offenkundig ausschließlich Interessen" der ProSiebenSat.1-Puls 4-Gruppe wahr, so die ATV-Kritik. Kein glückliches Händchen bewies der Sender von Herbert Kloiber mit der ambitionierten Daily-Soap "Wien - Tag & Nacht", der nur eine kurze Lebensdauer beschieden war und die der Eigentümer als "erfolglos im höchsten Maße" bezeichnete. Puls 4 wiederum matchte sich mit dem ORF um internationale Fußballrechte, verlor an diesen zwar die Champions League, sicherte sich dafür aber gemeinsam mit dem Styria-Portal Sportnet.at die Europa League.

Endgültig verabschieden musste sich das TV-Publikum 2014 von dem Showdino des deutschsprachigen Fernsehens: Am 13. Dezember ging nach fast 34 Jahren die Ära von "Wetten, dass..?" zu Ende.

Im Printbereich musste seit 1. Jänner 2014 gleich eine ganze Reihe von Chefredakteuren den Hut nehmen. Im Mai wurde Jill Abramson von der "New York Times" überraschend gefeuert. Einen mehrmonatigen Vorlauf und Kampf in aller Öffentlichkeit gab es um die Ablöse von "Spiegel"-Kurzzeit-Chef Wolfgang Büchner. Daneben verlor in Deutschland auch noch "stern"-Chefredakteur Dominik Wichmann seinen Posten. Mit ihm verließ auch die österreichische Online-Chefin Anita Zielina das Gruner+Jahr-Flaggschiff. Als Aufstieg darf hingegen der Wechsel von "Guardian"-Herausgeber und Chefredakteur Alan Rusbridger in den Scott Trust, dem die britische Tageszeitung gehört, gewertet werden.

Nach wie vor auf der Suche nach einem neuen Chefredakteur befindet sich die "Neue Zürcher Tageszeitung": Markus Spillmann wurde Anfang Dezember abgelöst, was für einen Knalleffekt in der Schweizer Medienszene und zu einem Aufstand der NZZ-Redakton gegen die vom Verwaltungsrat geplante Verblocherisierung der NZZ führte. NZZ-CEO Veit Dengler bereitete unterdessen die Expansion des Schweizer Traditionshauses nach Österreich vor. Am 21. Jänner 2015 startet unter der Führung des früheren "Presse"-Chefredeakteurs Michael Fleischhacker der kostenpflichtige Online-Ableger NZZ.at.

Mitten im Umbruch befindet sich die Verlagsgruppe News. Dort hat Mitte des Jahres Horst Pirker die Leitung übernommen und Adaptierungen für die Magazintitel des Hauses angekündigt, allen voran beim Wochenmagazin "News". Pirker beendete die Zusammenarbeit mit Chefredakteur Wolfgang Ainetter und engagierte "Kleine"-Chefredakteurin Eva Weissenberger von der Styria. Der steirische Medienkonzern stellte inzwischen die Geschäftsführung seiner beiden Wiener Tageszeitungen "Die Presse" und "WirtschaftsBlatt" neu auf. Michael Tillian ging, Rudolf Schwarz und Herwig Langanger übernahmen seine Agenden.

Ein medienpolitischer Schlag für die ohnehin im Umbruch befindliche Zeitungsbranche war 2014 die weitere Kürzung der Presseförderung um rund zwei Millionen Euro. Für die "Salzburger Volkszeitung" war das zu viel. Ob der veränderten und nachträglich wirksamen Förderbestimmungen musste sie im Juli ihre Printproduktion einstellen. Zuvor war bereits die "Kärntner Tageszeitung" in die Pleite geschlittert, deren letzte Ausgabe nach 69 Jahren Bestehen Ende Februar erschien. Wegen des schwierigen Marktumfeldes ging der Sparkurs in etlichen Medienhäusern weiter.

Weitere Eckpunkte des Medienjahres 2014: Im März starb der renommierte Kommunikationswissenschafter Hannes Haas. Die "Kleine Zeitung" feierte 110. Geburtstag, der "Kurier" 60. und die Gratiszeitung "Heute" im Beisein der halben Regierung staatsaktmäßig den 10. "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner wurde 60 und "Falter"-Herausgeber Armin Thurnher beendete nach 20 Jahren sein wöchentliches "Ceterum Censeo" gegen den Mediaprint- bzw. Mediamil-Komplex. (APA, 22.12.2014)