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Gudenus verbreitet Falschmeldungen – und zwar besonders oft dann, wenn es um das Thema Asyl geht.

Foto: APA/Oczeret

Wiens FP-Klubobmann Johann Gudenus ist bekannt für seine markigen Aussagen. Wohl auch, weil derlei Wortspenden beim politischen Auftritt der Wiener Blauen einen zentralen Stellenwert einnehmen. Das Problem ist nur, dass Gudenus, wenn er spricht, vielfach fehlinformiert erscheint. Um es klar auszudrücken: Er verbreitet Falschmeldungen – und zwar besonders oft dann, wenn es um das Thema Asyl geht

Das war etwa im Interview mit dem STANDARD Ende November so, in dem Gudenus auf die Frage, ob Flüchtlinge, die aus Italien nach Österreich weiterreisen, nach Italien rückgeschoben werden sollen, mit der Feststellung antwortete, dass "Italien laut EU-Abkommen ein sicherer Drittstaat" sei. Daher müsse "gar kein Flüchtling (aus Italien, Anm.) zu uns kommen".

Schengen-weit

Der Mann irrt: Drittstaaten sind definitionsgemäß Länder außerhalb der EU. Rückschiebungen ins EU-Mitgliedsland Italien wiederum werden nicht infolge eines "EU-Abkommens", sondern der Schengen-weit geltenden Dublin-Verordnung durchgeführt. Diese besagt, dass ein Flüchtling dort ein Asylverfahren bekommt, wo er oder sie erstmals Schengen-Boden betreten hat.

Die Dublin-Verordnung zwingt den Staaten an der EU-Außengrenze die Asyl-Hauptverantwortung auf, was diese überlastet. Und wider jede Vernunft und Humanität zwingt sie zehntausende Flüchtlinge in Transporte aus dem Unionszentrum an die Peripherie.

Universell

Doch anders als Gudenus offenbar meint, verbietet die Dublin-Verordnung Flüchtlingen nicht, in anderen europäischen Staaten als ihrem sogenannten Erstaufnahmeland einen Asylantrag zu stellen: Weil das Recht auf Asyl ein Menschenrecht ist, kodifiziert in der Allgemeinen UN-Menschenrechtserklärung und der EU-Grundrechtscharta sowie nicht zuletzt in der Genfer Flüchtlingskonvention samt Zusatzprotokollen. Sie alle gelten in sämtlichen Staaten der EU.

Warum das in der Auseinandersetzung mit dem Wiener Blauen-Chef wichtig ist? Weil er es schlicht leugnet und damit Fehlinformationen verbreitet, die so mancher unwidersprochen als gegeben hinnehmen könnte. So wie es derzeit in Europa an vielen Orten geschieht, wo rechtes und Rechts-außen-Gedankengut unter Verwendung des Schmiermittels Populismus zur politischen Kraft stilisiert wird.

Desinformation

So etwa – anderes Thema, aber gutes Beispiel – ist die vom Antiislambündnis Pegida behauptete Gefahr einer "Islamisierung des Abendlandes" in Sachsen zu sehen: In dem deutschen Bundesland sind nur rund 0,1 (!) Prozent der Bevölkerung Muslime.

Zum Thema Asyl schwang Gudenus die Desinformationskeule zuletzt vergangene Woche, in Reaktion auf die Deklaration Wiens zur Menschenrechtsstadt. "Auch ist das Recht auf Asyl ein Recht auf Zeit und kein Menschenrecht. Dem immer stärker werdenden Asylmissbrauch muss ein Riegel vorgeschoben werden, anstatt es zum Menschenrecht hochzustilisieren", verkündete er in einer Presseaussendung.

Menschenrecht

Das ist falsch: Zwar kann einem anerkannten Flüchtling der internationale Schutz unter bestimmten Bedingungen wieder aberkannt werden. Etwa wenn er oder sie sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hat. Doch das Recht, in einem anderen Land um Asyl zu ersuchen – und es in der Folge gewährt zu bekommen –, hat kein Ablaufdatum. Und es IST ein Menschenrecht.

Derlei Basiswissen soll in der Menschenrechtsstadt Wien künftig im Rahmen gezielter Bildungsangebote breiter als bisher unter die Leute gebracht werden – so weit eines der vielfach noch unklaren Ziele dieser kommunalen Initiative. Für derlei Maßnahmen herrscht eindeutig Bedarf, auf dass mehr Bürgerinnen und Bürger als bisher erkennen, wenn ihnen von Politikern wie Gudenus falsche Informationen unterbreitet werden. (Irene Brickner, derStandard.at, 22.12.2014)