Am 26. Dezember 2004 um 7.58 Uhr geschieht es. Vor der Küste der indonesischen Insel Sumatra schieben zwei Erdplatten heftig gegeneinander. Die Erde bebt mit der Stärke 9,0 nach Richter. Acht Minuten lang. Es ist der stärkste Erdstoß seit 40 Jahren. Die Erdkruste reißt auf 1000 Kilometer Länge auf. Die thailändische Touristeninsel Phuket verschiebt sich um 27 Zentimeter nach Norden.

All das weiß man Tage bis Monate später. Selbst die Stärke wird anfangs als geringer eingeschätzt. In der Region bebt es oft heftig. Dass sich gerade eine Katastrophe anbahnt, an die sich Menschen weltweit zehn Jahre später noch erinnern, ist wohl niemandem bewusst. Die anlaufende internationale Katastrophenhilfe wird am Anfang völlig überfordert sein. Vieles wird danach geändert. Manches bleibt ein Lippenbekenntnis.

Vom Epizentrum eines Erdbebens aus rollte eine verheerende Flutwelle mit einer Geschwindigkeit von bis zu 800 km/h auf die Küsten der Region zu. Rund 250.000 Menschen kamen zu Tode.

Der gigantische Riss in der Erdkruste löst eine gewaltige Welle aus, vor allem unter der Wasseroberfläche. Auf Amateurvideos sieht man später, wie Urlauber das Phänomen vom Strand aus beobachten, ohne aus Angst davonzulaufen. Die Welle wird erst im Hafen groß, wie japanische Fischer wussten: Das japanische Wort Tsunami bedeutet "Große Welle im Hafen".

Ein Geologe sagt am Tag danach der Austria Presseagentur, es wären wohl noch 30 bis 45 Minuten zur Evakuierung vieler Küstenabschnitte zur Verfügung gestanden, hätte für den Indischen Ozean ein Frühwarnsystem wie im Pazifik existiert. Anfang 2005 wird die Arbeit daran beginnen. 2008 geht es in Betrieb. Doch der Tsunami 2004 erfasst die Küstengebiete völlig unvorbereitet. Rund 250.000 Menschen sterben. Die genaue Zahl ist bis heute unklar. 160.000 Tote sind es allein in der Provinz Banda Aceh auf Sumatra, 45.000 in Sri Lanka. Thailand zählt 8000, darunter sind 85 der 86 Opfer aus Österreich. Bis zur Küste Indiens braucht die Welle drei Stunden, trotzdem sterben auch dort mehr als 12.000 Menschen. Insgesamt 240 Opfer sind auf den Malediven, in Burma und Malaysia zu beklagen. In Somalia sind es 300 Tote.

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Touristen in Malaysia blicken auf die gewaltige Flutwelle, die durch das Erdbeben ausgelöst wurde.
Foto: AP Photo/Eric Skitzi

Milliardenhilfen

Millionen Menschen verlieren ihre Existenzgrundlange und ihr Zuhause. Ein riesiger Hilfseinsatz läuft an. Insgesamt beliefen sich die Hilfszusagen der Regierungen laut OECD auf 13,6 Milliarden Dollar, davon 4,3 Milliarden aus privaten Spenden. Die Kosten für den Wiederaufbau werden auf 8,2 Milliarden Dollar geschätzt. Obwohl nicht alle Staaten halten, was sie versprechen, ist genug Geld da. NGOs werden wenige Monate später aber Alarm schlagen, dass es nun für andere Krisen in der Welt an Mitteln mangelt.

Der österreichische Nationalrat richtet unter dem Eindruck des Tsunamis den Katastrophenfonds für Auslandshilfe ein, der mit bis zu 100 Millionen Euro dotiert sein soll. Bis heute finden sich nur rund fünf Millionen darin. Auch eine von der Koalition versprochene Aufstockung auf 20 Millionen Euro fiel offenbar dem Sparstift zum Opfer.

Erschwerend zum Aufbau abertausender Häuser und der gesamten Infrastruktur in der Region kommt in Sri Lanka hinzu, dass der alte Konflikt nach dem Seebeben wieder auflebt, während die Katastrophe auf Sumatra dafür sorgt, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Rebellen mit einem Waffenstillstand gestoppt werden können. Max Santner vom Roten Kreuz Österreich leitete zwei Jahre Wiederaufbauprojekte in Sri Lanka. Dabei hätten, "Probleme wegen ungeklärter Landrechte" die Arbeit erschwert, sagt er. Seit 2009 ist der Konflikt zu Ende. Heute herrsche dort "Normalität".

Hilfe

Hilfsprojekte zum Wiederaufbau sind in der gesamten betroffenen Region längst abgeschlossen. Auch die Touristen sind bald wiedergekommen.

Die Uno organisiert nach dem Tsunami ihre Katastrophenhilfe neu. "Das System der Internationalen Hilfe musste sich so weit ausdehnen, dass die Schwächen erkennbar wurden", erinnert sich Christof Schweifer von der Caritas. Die Uno führt ein Cluster-System ein. Darin wird Hilfe nach Arbeitsbereichen wie etwa Wasseraufbereitung oder Unterkünften organisiert.

Das österreichische Außenministerium bessert auch nach. Die rasche Einrichtung eines Callcenters mit bis zu 30 Personen wird ermöglicht. Zudem können sich Österreicher vor Auslandsreisen heute beim Außenministerium registrieren. Auch die Krisenunterstützungsteams aus Vertretern verschiedener Ministerien sind eine Folge des Tsunamis. Sie sind in der Ägyptenkrise im Einsatz. Das Callcenter in Vollbesetzung wurde bislang nicht gebraucht. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 20.12.2014)