Aufständische und ein Kamel zieren das Deckblatt des Geheimpapiers.

Die Aufdeckungsplattform Wikileaks hat am Donnerstag ein Geheimdokument veröffentlicht, das dokumentiert, mit welchen Methoden der US-Geheimdienst CIA international gegen diverse Gegner vorgeht. Das Dokument mit dem Titel "Beste Vorgehensweise bei der Aufstandsbekämpfung", das als "geheim" und "nicht für Ausländer" klassifiziert ist, trägt das Datum 7. Juli 2009 und stammt daher aus dem ersten Jahr der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama.

Nach Erscheinen des Dokuments intensivierten die USA ihre Drohnenangriffe: allein in Pakistan wurden dadurch im Jahr 2010 über 750 Menschen getötet, belegen Zahlen des "Bureau of Investigative Journalism".

Schon der Untertitel des 21-seitigen Papieres macht klar, worum es dem Geheimdienst geht: "Wie man Operationen mit hochwertigen Zielen zu einem erfolgreichen Mittel der Aufstandsbekämpfung macht" ist ein programmatisches Handout zur gezielten Ermordung von Führungspersonen diversester Widerstands-, Rebellen- oder Terror-Organisationen.

Weltweite Operationen

Vor- und Nachteile verschiedener Vorgehensweisen werden anhand von Beispielen in nüchterner Sprache erörtert, dabei spannt sich der Bogen der Operationen von Tschetschenien über Mittleren und Nahen Osten bis nach Südamerika.

Im Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan zum Beispiel habe die Taktik, zu der neben Drohnenangriffen auch die Gefangennahme sogenannter "hochrangiger Zielpersonen" gehört, aber nur einen "geringen" Effekt gehabt, heißt es in der 18-seitigen Analyse.

"Die Taliban haben insgesamt eine große Fähigkeit, tote Anführer zu ersetzen", befanden die CIA-Experten. Auch die Führung des Islamistennetzwerks Al-Kaida im Irak sei durch die Einsätze nicht entscheidend geschwächt worden.

Beispiel Mandela

Beängstigend ist die Einschätzung der Studienautoren zur Inhaftierung des Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela, der 27 Jahre im Gefängnis verbrachte: Die Festnahme von Führungskadern habe lediglich "beschränkten psychologischen Einfluss", wenn ihre Anhänger die Hoffnung hätten, dass ihr Anführer wieder freigelassen werden könne oder dieser trotz Haft weiter Einfluss auf die Gruppe ausübe.

Bin Laden musste sich verstecken

Erfolgreich sei die Taktik hingegen in Bezug auf Al-Kaida-Chef Osama bin Laden gewesen, befanden die CIA-Experten. Dieser sei gezwungen worden, sich zu verstecken, die Kommunikation mit seinen Kämpfern stark einzuschränken und die Aufständischen von einem abgelegenen Rückzugsort aus zu führen.

Auch bei der Bekämpfung der peruanischen Rebellenorganisation "Leuchtender Pfad" hätten die gezielten Angriffe auf die Führungsriege einen "entscheidenden" Beitrag geleistet.

Erfolge im Irak

Als Erfolgsbeispiel wird weiters das Vorgehen gegen Muqtada as-Sadrs "Mahdi-Armee" im Irak genannt: in diesem Fall sei es gelungen, die Gruppe "zurechtzustutzen", indem man Führungskader, die eine Aussöhnung mit der Regierung ablehnten, eliminierte, während man den populären Anführer unbehelligt ließ.

Diesen Lösungsansatz wählte dem Bericht zufolge auch die britische Regierung im Kampf gegen die irische IRA: die moderaten Anführer Gerry Adams und Martin McGuinness wurden beschützt, ihre radikaleren Rivalen getötet.

Problem zivile Opfer

In dem Bericht wird aber auch vor möglichen negativen Auswirkungen solcher Einsätze gewarnt. Die Angriffe könnten demnach die Solidarität der einheimischen Bevölkerung mit den Aufständischen erhöhen und die verbliebenen Kämpfer radikalisieren, besonders, wenn dabei auch Unschuldige getötet würden.

Zudem könnten Rebellen nach Ansicht der CIA-Experten dazu veranlasst werden, ihre Strategie zu ändern, was ihnen letztlich zu Gute kommen könnte.

Mit dem Bekanntwerden des Dokuments wird nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des offiziellen Berichts über die Folterpraktiken der CIA unter Obamas Vorgänger George W. Bush ein neues Licht auf die Vorgehensweisen der US-Agenten im Ausland auch unter der aktuellen Regierung geworfen. (Michael Vosatka/Bert Eder, derStandard.at, 18.12.2014)