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Kurdische Kämpfer patrouillieren in der irakischen Provinz Nineveh.

Foto: REUTERS/Ari Jalal

Erbil/Washington - Nach der Durchbrechung des Belagerungsrings um das Sinjar-Gebirge im Nordirak haben kurdische Peschmerga-Kämpfer die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) weiter zurückgedrängt. Am Freitag wollten die Peschmerga beginnen, in den Bergen eingeschlossene Jesiden in Sicherheit zu bringen.

Die Kurden rückten am Freitag weiter in die karge Gebirgsregion vor, während kurdische und irakische Truppen auf die Stadt Tall Afar vordrangen, wie Augenzeugen berichteten. Wie der Präsident des Sicherheitsrats der autonomen Kurdengebiete, Masrur Barzani, verkündete, wurden die Jihadisten zur Flucht nach Mossul und Tall Afar gezwungen. Seine Kämpfer hätten 700 Quadratkilometer Land der IS-Kontrolle entrissen. Dem US-Verteidigungsministerium zufolge flog die US-geführte Militärallianz allein seit Montag mehr als 50 Luftangriffe auf IS-Stellungen nahe dem Sinjar-Gebirge.

Noch hat Evakuierung nicht begonnen

Jesiden-Führer Said Hassan Said sagte, es befänden sich noch 1.200 Familien in dem kargen Höhenzug. Faisal Saleh, der mit seiner Familie in den Bergen gestrandet ist, sagte, rund 70 Prozent der Berge seien in der Hand der Peschmerga, doch kontrollierten die Jihadisten weiter den Südteil. Die Kurden versorgten zunächst diejenigen, die am dringendsten Hilfe bräuchten. Noch habe die Evakuierung der Region aber nicht begonnen, sagte Saleh. Der Generalsekretär des kurdischen Peschmerga-Ministeriums, Jabar Yawar, ging von 12.000 Menschen aus, die bis zuletzt eingeschlossen gewesen seien.

Das US-Verteidigungsministerium verkündete derweil, seit Mitte November mehrere hohe IS-Kommandanten bei Luftangriffen getötet zu haben. "Wir glauben, dass der Tod dieser Schlüsselanführer die IS im Kampf gegen die irakischen Sicherheitskräfte, Kurden und lokalen Milizen beeinträchtigt", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Regierungsvertreter sagten, unter den Getöteten sei auch Abu Muslim al-Turkmani, der Stellvertreter des IS-Führers Abu Bakr al-Bagdadi. Er wäre der höchste IS-Kommandant, der dieses Jahr getötet wurde. Auch der Militärchef der Miliz, Abd al-Basit, soll getötet worden sein.

CIA-Bericht geleakt

Zweifel an der Darstellung, dass die Gruppe durch die Ausschaltung von Kommandanten wesentlich geschwächt werden könne, weckte allerdings ein geheimer CIA-Bericht. Die Analyse, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks am Donnerstag veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass bei den afghanischen Taliban die Tötung von Anführern nur einen "geringen" Effekt gehabt habe. Auch das Terrornetzwerk Al-Kaida im Irak sei durch die gezielte Tötung von Kommandanten nicht entscheidend geschwächt worden, hieß es.

Im Sommer waren infolge der Blitzoffensive der Jihadisten im Nordirak zehntausende Jesiden ins Sinjar-Gebirge geflohen, wo sie weder Wasser noch Essen hatten. Die Angehörigen der religiösen Minderheit werden von den sunnitischen IS-Extremisten als "Teufelsanbeter" verfolgt. Die Sorge vor einem Völkermord war einer der Gründe, warum US-Präsident Barack Obama vor vier Monaten Luftangriffe auf die Jihadisten genehmigte.

Seit Beginn des internationalen Kampfes gegen die IS-Extremisten am 8. August sind die USA mehr als 1.300 Angriffe im Irak und in Syrien geflogen. Derzeit befinden sich rund 1.700 US-Soldaten im Irak. Diese Zahl soll in den kommenden Monaten auf 3.000 steigen. Sie sollen zwölf irakische und kurdische Brigaden zum Kampf gegen die IS ausbilden, aber selbst nicht an Kämpfen teilnehmen. (APA, 19.12.2014)