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Ramsan Kadyrow sieht sich als Verteidiger der Menschenrechte.

Foto: AP / Musa Sadulayev

Nach der Terrorattacke auf Grosny am 4. Dezember, bei dem 14 Polizisten ums Leben kamen, hat Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow die Verwandten der Attentäter in Sippenhaft genommen. "Wenn ein Kämpfer in Tschetschenien einen Mitarbeiter der Polizei oder einen anderen Menschen tötet, dann wird die Familie des Kämpfers sofort aus Tschetschenien ausgewiesen ohne Rückkehrrecht. Ihr Haus wird zugleich bis auf das Fundament abgerissen", schrieb Kadyrow im Internetdienst Instagram kurz nach der Tat.

Tatsächlich beklagte einige Tage später der Leiter der tschetschenischen Filiale des "Komitees gegen Folter" Igor Kaljapin, dass den Angehörigen der mutmaßlichen Täter die Häuser niedergebrannt worden seien. Er forderte die Behörden auf, Ermittlungen einzuleiten.

Sturm der Entrüstung gegen die Bürgerrechtler

Das Ermittlungskomitee sah in Kadyrows Vorgehen keinen Rechtsbruch; dafür brach aber in Tschetschenien ein Sturm der Entrüstung gegen die Bürgerrechtler los - angeführt von Kadyrow selbst. "In Tschetschenien bin ich für den Schutz der Menschenrechte zuständig", ereiferte er sich und deutete an, dass Kaljagin möglicherweise selbst an der Finanzierung des Anschlags beteiligt gewesen sei.

Daraufhin organisierten Kadyrows Anhänger am Samstag in Grosny eine Antiterror-Kundgebung mit 50.000 Menschen, auf der es auch scharfe Ausfälle gegenüber Bürgerrechtlern gab, die "nicht den Opfern der Anschläge, sondern den Verwandten der Banditen" ihre Aufmerksamkeit schenkten. Am Abend brannte dann das Büro des "Komitees gegen Folter" in Grosny nieder.

Brandstiftung vermutet

Offiziell ist die Brandursache noch nicht bekannt. Kaljapin vermutet, dass es sich um Brandstiftung handelt. Er berichtete von mehreren Drohungen gegen ihn. Verletzt wurde bei dem Feuer niemand. Die Bürgerrechtler waren zu der Zeit bei einem Interview.

Als die Bürgerrechtler die Polizei riefen, um die Schadenshöhe zu fixieren, wurden zwei Mitglieder des Komitees ohne Angabe von Gründen festgenommen. Erst nach einigen Stunden kamen sie wieder auf freien Fuß. Die NGO bereitet nun eine Beschwerde vor dem Ermittlungskomitee wegen illegaler Freiheitsberaubung vor. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 15.12.2014)