In den späten 1980ern verbreiteten BSE und hässliche Oberhemden ihren Schrecken: Seyneb Saleh und Jan Gerrit Brüggemann.

Foto: Lupi Spuma

Graz - Über die Notwendigkeit, Romane zu dramatisieren und auf die Bühne zu bringen, wurde schon ausreichend diskutiert. Der Trend hält jedenfalls an. Im besten Fall kommt dabei ein vergnüglicher Abend heraus.

So geschehen in Graz, wo die soeben mit einem Nestroy veredelte Susanne Lietzow auf der Probebühne des Schauspielhauses aus dem Roman Verteidigung der Missionarsstellung von Wolf Haas ein kurzweiliges Stück baute. Die Uraufführung am Freitagabend bewies: Das Stück kann durchaus für sich stehen und macht auch Lust auf den Roman. Haas-Romane haben sich für Bühne und Film schon oftmals bewährt.

Bei Liebe droht Seuchengefahr

Wer den Roman nicht kennt: Es geht um Benjamin Lee Baumgartner, der in seinem Leben über die Jahrzehnte eine erschreckende Beobachtung macht: Wenn er sich verliebt und eine ernsthafte Beziehung beginnt, bricht jedes Mal eine weltweite Seuche aus: Rinderwahn, Vogelgrippe, Schweinegrippe. Außerdem hat er die Angewohnheit, dass er seinen Namen nicht gleich preisgibt.

Die Begegnungen mit den Frauen seines Lebens sind alle voller Zufälle und Déjà-vus, die ihm mit zunehmendem Abstand immer bewusster werden. Sein Freund, der Erzähler, ist ein Schriftsteller namens Wolf Haas, der das Leben, die Lieben und Leiden von Benjamin Lee sorgenvoll beobachtet und schließlich bei der durchgeknallten Mutter des Freundes Aufklärung über dessen Biografie erhält. Benjamin ist da schon längst in Amerika - auf der Suche nach seinem biologischen Vater, der, so glaubt der verlorene Sohn, halb Hopi, halb Navajo war.

Seltsame Akzente

Menschen, die den Weg des pandemisch liebenden Mannes kreuzen, und er selbst werden von Jan Gerrit Brüggemann, Marc Fischer, Evi Kehrstephan, Steffi Krautz und Seyneb Saleh gespielt. Dem Faible Benjamins für seltsame Akzente und Dialekte tragen die Schauspieler, die die Rollen untereinander virtuos tauschen, wunderbar Rechnung. Vor allem das Synchronbayerisch von Kehrstephan und Krautz ist zum Schreien komisch.

Das Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion holte Lietzow aus dem Roman elegant auf die Bühne: Die Figuren reden miteinander und nebeneinander vorbei durch durchsichtige Leinwände, auf die jeweils andere Szenen oder Zeiten projiziert werden (Bühne: Marie Luise Lichtenthal). Teile der Geschichten und Rückblenden werden auch in Videos eingespielt: Da hat Jazz-Legende Harri Stojka einen schönen Gastauftritt. Auch Martina Spitzer und Klaus Hundsbichler reiten bzw. schreiten durch die Geschichte, die in London beginnt und in Bienenbüttel verglüht. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 15.12.2014)