Maria Lassnigs Gemälde "Brettl vorm Kopf" stammt aus der Sammlung Mayer-Rieckh (Humanic, Stiefelkönig) und wurde im Kinsky für 443.000 Euro (inkl. Aufgeld, exkl. Folgerecht) versteigert.

Foto: Im Kinsky

Rudolf Hausners "Bunter Narrenhut" erzielte im Mai im Dorotheum 164.850 Euro und ist eines der seitens Bawag-PSK aus den Beständen versteigerten Werken.


Foto: Dorotheum

Martin Kippenbergers Bild aus der Serie "Fred the Frog" (873.000 Euro) zierte bis zum Verkauf von Kika/Leiner die Kollektion des Firmengründers Herbert Koch (Kika/Leiner). Die neuen Eigentümer, die südafrikanische Steinhoff-Gruppe entschloss sich zur Auflösung der Sammlung.

Foto: Dorotheum

Schulden, Tod, Scheidung: Von diesen alltäglichen Faktoren – international als die "drei Ds" (Debt, Death and Divorce) geläufig – lebt der Kunsthandel wie keine andere Branche. Sobald zuvor erworbene Kunstwerke im Spiel sind, kommen sie in 99 Prozent dieser Fälle auf den Markt. Schließlich können Gemälde nicht zerteilt und müssen Schulden bezahlt werden. Das ist in Österreich nicht anders als sonst wo auf der Welt. Und doch werden hierzulande derzeit ungewöhnlich viele Kollektionen bzw. Teile daraus zur Rekapitalisierung veräußert.

Die über den Museumsbetrieb weitestgehend öffentliche Sammlung Essl war rückblickend betrachtet lediglich die prominenteste. Unter dem Titel Essl 44 spielten 44 Filetstückchen im Oktober bei Christie’s in London offiziell rund 67 Millionen Euro ein (inklusive Käufergebühren und Mehrwertsteuer). Die "Marke" Essl war in diesem Fall PR-wirksam eingesetzt worden. Das ist üblich, aber keineswegs die Norm. Im Gegenteil: Gemessen am Volumen wechselt das Gros der weltweit jährlich von der Auktionsbranche angebotenen Ware ohne explizite Nennung des Vorbesitzers den Besitzer.

Denn zumeist geben die Verkäufer (aus unterschiedlichen Gründen) der Anonymität den Vorzug. Auch Karlheinz Essl übrigens, der sich seit dem Vorjahr explizit "anonym" – über Auktionshäuser oder Galerien – von Kunstwerken trennte.

Buchwert zumindest

Vergangene Woche machte Kulturjournalist Thomas Trenkler über seinen Blog öffentlich, dass die Bawag begonnen habe, ihre umfangreichen Bestände zu verkaufen. Auf STANDARD-Anfrage bestätigt Rudolf Leeb (Bawag PSK, Leiter Marketing Sponsoring), die Beauftragung von Dorotheum und Kinsky, jedoch nur für eine kleine Gruppe von 25 Werken.

Eine Auflösung der Sammlung war und ist keineswegs geplant. Drei Skulpturen (Wotruba, Hrdlicka, Hanak) überließ man etwa schon vor einiger Zeit dem Belvedere als Dauerleihgabe.

Die mit jeder Ausstellung der Bawag Foundation, insbesondere in der Ära Helmut Elsners (bis 2003) gewachsene Sammlung verfügt über kein Profil. Das Konzept der Anhäufung war mäzenatischen Ursprungs. Ergebnis: Vieles wurde zu Preisen erworben, die auf dem Markt nicht mehr realisierbar sind. Die indirekte Order der Bawag-PSK-Eigner (US Fond Cerberus und Golden Tree): Verwertet werden nur Assets, die den Buchwert zuzüglich einer bestimmten Rendite abwerfen.

In der Praxis konnte dies bei seit dem Frühjahr versteigerten Werken nur teilweise realisiert werden. Beim Kinsky blieb etwa Jürgen Messensees Sitzende Frau (15.000–30.000 Euro) unverkauft. Besser lief es im Dorotheum (Kaufpreise exkl. Folgerecht), gerade noch bei Sean Scullys Lucia (934.230) und Max Weilers 2 Okckerberge (145.875), jedenfalls bei Rudolf Wackers doppelseitigem Stillleben (95.205) oder Rudolf Hausners Bunter Narrenhut (164.850).

Wirtschaftliche Gründe dürften bei der in den 1950er-Jahren von Hans Mayer-Rieckh begründeten und von seinem Sohn Michael erweiterten Kollektion eine Rolle spielen: Die Leder & Schuh AG (Humanic/Stiefelkönig) kämpfte zuletzt mit Umsatzrückgängen in Osteuropa.

Kein Abverkauf

Laut Jahresabschluss 2013 verschärfte sich die Situation im Jänner, als ein Kredit von 18 Millionen Euro „ohne Vorankündigung, per Ende April aufgekündigt“ wurde. Die Kunstwerke wurden, aus „organisatorischen Gründen“, wie man den STANDAR wissen ließ, in eine Tochtergesellschaft eingebracht bzw. laut Bilanz "verpfändet".

Ein Abverkauf der rund 1000 Werke umfassenden Sammlung sei nicht geplant, Details zum Wert wolle man keine nennen. Eines der Highlights kam am 26. November beim Kinsky un -
ter den Hammer: Maria Lassnigs Brettl vorm Kopf brachte stattliche 443.000 Euro. Kurzfristig ein neuer Weltrekord, den das Doro -theum zwei Stunden später für ein anderes Werk der Künstlerin übertraf: 491.000 Euro spielte Der Wald ein.

Einst schmückte dies wie an dere an diesem Abend ver steigerte Gemälde die Sammlung
von Kika/Leiner-Gründer Herbert Koch: Martin Kippenbergers Bild aus der Serie Fred the Frog (873.000), weitere Lassnigs (u. a. Stillleben mit rotem Selbstporträt, 417.800) oder auch Jörg Immendorffs Staat/Formel (186.000).

Es war eine Firmensammlung, die im Zuge des Kika/Leiner-Verkaufs in den Besitz der südafrikanischen Steinhoff-Gruppe überging, die sich zum Verkauf entschloss. Weder die neue Geschäftsführung noch Herbert Koch wollten auf Anfrage zur Auflösung Stellung nehmen. Laut Trenkler habe Koch sogar das eine oder andere Werk in der Dorotheums-Auktion zurückersteigert. Kein Kommentar auch dazu. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 13./14.12.2014)