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Finanzminister Hans Jörg Schelling erklärte in der ZiB 2 den "Kostendämpfungspfad" für eröffnet.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

In Österreich lebt die Fiskalpolitik von der Aufhebung der Geschlechteridentität. Jedes ehrbare Milchmädchen besitzt bei uns das Zeug, ein Adam Riese zu sein. Umso leichter fällt es einem riesenwüchsigen Mann wie Finanzminister Hans Jörg Schelling, den Eindruck zu erwecken, er jongliere mit Milchkannen, wenn er Vorschläge zur Steuerreform unterbreitet.

Leer sind die Kannen halt, sie klirren beim Abstellen bedrohlich. Diesen Umstand bildete die ZiB 2 ab, indem sie Weihnachtseinkäufer auf der Wiener "Mahü" interviewte. Ein Befragter wünschte sich eine Steuerreform, die "denen Kleinen mehr zukommen" lässt. Ein anderer erklärte die gedoppelten Anstrengungen von SPÖ und ÖVP vorab für Makulatur und sprach von "Augenauswischerei mit Santa-Claus-Anspruch". Ob der Mann den Taufnamen Adam trug, wurde nicht deutlich. Von riesenhafter Gestalt war der Bürger nicht. Von den Milchmädchen muss er sich den gesunden Wirklichkeitssinn abgeschaut haben.

Armin Wolfs Fragekunst prallte anschließend an Schellings ruhigem Gleichmut wirkungslos ab. Wie immer man zu den ÖVP-Vorschlägen im Einzelnen steht: Der Säckelwart fing die Wirkung unangenehmer Nachfragen dadurch ab, dass er vom Hauptverkehrsweg abwich. Schelling erklärte den "Kostendämpfungspfad" für eröffnet.

Vom Verlauf dieser Straße existieren vorderhand nur politische Skizzen, und es ist sicher kein Leichtes, die neue Verkehrsader mit klappernden Milchkannen entlangzugehen. Hans Jörg Schelling schnitt das Band auf einer Baustelle durch, die selbst die Asfinag noch gar nicht kennt. Das war keine geringe, sondern eine riesenhafte Leistung. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 12.12.2014)