Graz/Wien - Der Ende November festgenommene Mirsad O., der als Imam unter seinem Predigernamen Ebu Tejma in der islamistisch ausgerichteten Altun-Alem-Moschee in Wien-Leopoldstadt tätig war, gilt für die Justiz als "Hauptideologe für den globalen jihadistischen Islamismus". Das ist dem Beschluss des Grazer Landesgerichts zu entnehmen, mit dem am 30. November über den 33-Jährigen die U-Haft verhängt wurde.

Wie man zu dieser Einschätzung kommt, wollte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, auf Anfrage von derStandard.at nicht kommentieren.

Auf Betreiben des Predigers sollen seit September 2012 regelmäßig Besucher der Wiener Moschee, die als Salafisten-Zentrum gilt, nach Syrien gereist sein, "um am Jihad gegen das Assad-Regime aufseiten der al-Qaida-Gruppierung Al Nusra (heute ein Teil der Terrorgruppe IS) zu kämpfen", heißt es in dem Beschluss. Bis April 2014 sollen 52 Personen, die den Ermittlungen zufolge eindeutig der Altun-Alem-Moschee zuzurechnen sind, Österreich verlassen und sich der IS-Miliz im Kampf gegen Ungläubige angeschlossen haben. Zwölf weitere Islamisten aus der Steiermark und Oberösterreich sollen aus Vereinen stammen, die ebenfalls im ideologischen Einfluss von Mirsad O. standen beziehungsweise Kontakt zu ihm hatten.

Stipendium in Mekka

Die Justizbehörden gehen davon aus, dass Ebu Tejma fast alle dieser Islamisten radikalisiert und indoktriniert und damit zur Ausreise bewogen hat. Der zuständige Haftrichter stuft den entsprechenden Tatverdacht als "dringend" ein. Einige der insgesamt 64 Personen sollen mittlerweile wieder zurückgekehrt sein.

Ebu Tejma, der gemeinsam mit 13 weiteren Verdächtigen - sieben von ihnen befinden ebenfalls in U-Haft - im Fokus der Staatsanwaltschaft Graz steht, hat zwischen 2002 und 2008 in Mekka Arabisch und Islamisches Recht studiert. Er soll von Saudi Arabien sogar ein Stipendium erhalten haben. Zurück in Wien, erlangte er als Imam der Altun-Alem-Moschee Popularität.

Angeblich Kontakte zur IS

Hauptsächlich junge Muslime im Alter zwischen 15 und 30 Jahren sollen von ihrem Imam und seinen Vorträgen und Predigten angezogen gewesen sein. Ebu Tejma soll Kontakte zu Al Nursa und IS unterhalten und - so zumindest die Verdachtslage - auch mit seinen über YouTube verbreiteten extremistischen Propaganda-Videos unter seinen Anhängern Kämpfer für die terroristischen Organisationen rekrutiert haben.

Belastung durch Lauschangriff

Belastet wird der 33-Jährige vor allem von den Ergebnissen eines Lauschangriffs, Telefonüberwachungen und umfangreichen Observationen. Demnach soll er selbst erwogen haben, nach Syrien zu gehen und in Vorbereitung darauf fast täglich ein Kraft- und Lauftraining absolviert haben. In einem Wiener Verein für tschetschenische Muslime soll er zudem eine Kampfsport-Ausbildung und ein Schießtraining absolviert haben.

Einige der anderen, in U-Haft befindlichen Verdächtigen sollen sich tatsächlich als Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg verdingt haben. So soll Suad R. (33), ein gebürtiger Bosnier mit Wohnsitz in Wien, nach Erkenntnissen der Behörden aufseiten der Al-Nusra-Front in Kampfhandlungen verwickelt gewesen sein, ehe er im Sommer 2014 wegen einer Leistenoperation nach Wien zurückkehrte.

Körperliche Grundausbildung

Vier der in U-Haft sitzenden Männer werden dem extremistischen Grazer Verein "Furkan" zugerechnet. Sie sollen in Zusammenwirken mit Ebu Tejma die körperliche Grundausbildung junger Muslime übernommen und diesen in weiterer Folge eine militärische Spezial-Ausbildung in Syrien ermöglicht haben. Zumindest elf Islamisten sollen auf dieser Schiene in dem Kampf gegen das Assad-Regime gezogen sein. Fünf von ihnen sollen sich laut Justiz derzeit bei dem IS befinden. Ein junger Mann soll Anfang 2014 bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen sein. (APA, 11.12.2014)