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In Dresden gingen in dieser Woche 10.000 Anhänger von "Pegida" auf die Straße, allerdings auch 9000 Gegner. Auch in anderen deutschen Städten finden mittlerweile Kundgebungen statt.

Foto: Reuters / Hannibal Hanschke

Es ist kein Zufall, dass die Demonstrationen am Montagabend stattfinden. Im Herbst 1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer, gingen in der DDR unzählige Menschen am Montag auf die Straße, um gegen das politische System zu demonstrieren. "Wir sind das Volk", lautete damals ihr Ruf.

Dieser erschallt auch jetzt wieder in Deutschland. Doch es geht nicht gegen die staatliche Obrigkeit, sondern gegen "zu viel Islam". Begonnen hat alles im Oktober. Da lud der mehrfach vorbestrafte Grafiker Lutz Bachmann im sächsischen Dresden zu einem ersten "Abendspaziergang" ein.

Tausende Demonstranten

Beim ersten Mal kamen einige Hundert Leute. Doch dann wuchs die Zahl der Demonstranten rasant an. Am Montag dieser Woche - bei der achten Kundgebung - marschierten rund 10.000 Teilnehmer in Dresden auf, es gab allerdings auch 9000 Gegendemonstranten. Auch in anderen deutschen Städten gibt es mittlerweile Proteste nach Pegida-Vorbild.

Das Bündnis selbst wehrt sich dagegen, in die rechte Ecke gestellt zu werden, es sieht sich vielmehr in der Mitte der Gesellschaft. Organisator Bachmann betont, er sei kein Rassist, habe auch nichts gegen den Islam, nur gegen Islamisten: "Ich habe einen türkischen Trauzeugen und viele muslimische Freunde." Dass bei seinen Märschen auch Rechtsextreme dabei sind, könne er nicht verhindern, sagt er.

"Null-Toleranz-Politik"

Auf der Website listet Pegida auf, wofür man ist: für "die Aufstockung der Mittel für die Polizei", für "die Ausschöpfung und Umsetzung der vorhandenen Gesetze zum Thema Asyl und Abschiebung", für eine "Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Asylbewerbern und Migranten", für "Erhaltung und Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur".

Nichts wissen will man hingegen vom "Zulassen von Parallelgesellschaften/Parallelgerichten in unserer Mitte, wie Scharia-Gerichte, Scharia-Polizei, Friedensrichter", und "diesem wahnwitzigen Gender-Mainstreaming, auch oft ,Genderisierung' genannt, die nahezu schon zwanghafte, politisch korrekte Geschlechtsneutralisierung unserer Sprache".

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnet Pegida als "Unverschämtheit" und erklärt: "Wir haben keine Gefahr der Islamisierung, schon gar nicht in Sachsen und Dresden mit 2,2 Prozent Ausländern."

AfD: Demos "gut und richtig"

Der Chef der Innenministerkonferenz, Ralf Jäger (SPD), kritisiert, die Bewegung biete Rechtsextremen eine Plattform, und wirft ihr "ausländerfeindliche Hetze" vor. Justizminister Heiko Maas (SPD) ruft alle Parteien auf, sich zu distanzieren: "Wenn auf dem Rücken von Menschen, die gerade alles verloren haben und Hilfe suchend zu uns kommen, ausländerfeindliche Stimmung gemacht wird, dürfen wir nicht schweigen."

Von der Alternative für Deutschland (AfD) hingegen kommt Zustimmung. Parteichef Bernd Lucke nennt die Demos "gut und richtig". Sie seien Zeichen dafür, "dass diese Menschen sich in ihren Sorgen von den Politikern nicht verstanden fühlen". Linken-Chefin Katja Kipping wirft Unions-Politikern "Heuchelei" vor. Diese hätten mit schärferen Ausländergesetzen den Boden für das entsprechende gesellschaftliche Klima geschaffen, in dem Pegida nun gedeihe. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 11.12.2014)