Regina Reicherstorfer wurde für ihren ausgezeichneten Studienerfolg ausgezeichnet.

Foto: Willibald Haslinger

Antikörper werden in der Medizin immer häufiger zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. In der Tumorbekämpfung etwa spielen sie eine wichtige Rolle, um die Effektivität von Therapien zu erhöhen. "Im Gegensatz zu Chemotherapien greift eine Antikörpertherapie nur spezifische Proteine im Tumor an und wirkt nicht gegen gesunde Zellen", sagt die 27-jährige Biotechnologin Regina Reicherstorfer. Für ihren Erfolg an der FH Campus Wien und ihre Masterarbeit zum Thema hat sie zuletzt einen Würdigungspreis des Wissenschaftsministeriums erhalten. In dieser Abschlussarbeit beschäftigte sie sich mit technischen Problemen: Wie kann man die Aufreinigungsverfahren von Antikörpern verbessern?

Die berufliche Laufbahn von Reicherstorfer startete ganz und gar nicht wissenschaftlich: Nach der Matura begann sie eine Lehre als pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin. "Ich hatte das Gefühl, dass ich zwölf Jahre nur gelernt hatte, und wollte etwas Praktisches machen", sagt sie.

Nur der Lehrberuf reichte der Wienerin dann aber doch nicht. Um ihr naturwissenschaftliches Wissen zu vertiefen, begann sie ihr Studium an der FH Campus Wien: "Ich war schon später dran als die meisten anderen Studierenden, daher wollte ich in Mindeststudienzeit fertig werden, das schien mir auf der Fachhochschule machbarer", sagt sie. Neben dem Studium arbeitete sie weiter in der Apotheke.

Das Innovative von Reicherstorfers Arbeit ist die Charakterisierung von Chromatografieharzen, die zwei Chromatografie-Methoden vereint. Die Chromatografie ist ein Verfahren, das die Trennung eines Stoffgemenges in seine Einzelteile bezweckt. Reicherstorfers Forschung verband erstmals eine Kationentauscher-Chromatografie - das bedeutet, dass aus einem Stoffgemisch Bestandteile mit positiv geladenen funktionellen Gruppen gebunden und zurückgehalten werden, während alle anderen Teile abgetrennt werden - und eine hydrophobe Interaktionschromatografie. Bei dieser werden über wasserabstoßende Gruppen die verschiedenen Teile eines Gemenges getrennt. In Aufreinigungsprozessen wurden diese beiden Methoden bis jetzt nur getrennt verwendet. Durch Reicherstorfers Forschung sollen beide Methoden vereint angewendet werden und so "viel Aufwand" erspart werden.

In ihrer Masterarbeit testete Reicherstorfer außerdem über Chromatografien mit verschiedenen Salzen bereits existierende kommerzielle Gele, die als Produkte mit Eigenschaften für beide Trennungsmethoden angepriesen werden: "Die verschiedenen Salze haben spezielle Eigenschaften unterdrückt, dadurch sieht man, ob die andere existiert."

Dabei fand sie heraus, dass nur zwei von vier Gelen, die als Mixed-Mode-Produkte angepriesen werden, auch tatsächlich beide Interaktionseigenschaften besitzen. Die anderen haben nur eine ionische oder hydrophobe Komponente und sind nur für eine Trennmethode anwendbar.

Aktuell ist Reicherstorfer in der Forschungsabteilung des Pharmakonzerns Baxter tätig. Dort arbeitet sie an der Entwicklung einer Gentherapie gegen Hämophilie - die Bluterkrankheit: "Es ist eine neue Behandlungstechnologie", sagt sie. Das Doktorat muss vorerst warten: "Ich will das, was ich gelernt habe, praktisch umsetzen." (Oona Kroisleitner, DER STANDARD, 10.12.2014)