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Ab März 2015 wird die Zusammensetzung des schwedischen Reichstages anders sein.

Foto: REUTERS/Pontus Lundahl/TT News Agency

"Die schwedische Politik ist europäischer geworden", schreibt die Zeitung Dagens Nyheter, einen Tag nachdem Ministerpräsident Stefan Löfven seinen Überraschungscoup gelandet und vorgezogene Neuwahlen für den 22. März 2015 ausgerufen hat. Mit "europäisch" ist ein politisches System gemeint, in dem Instabilität, wechselnde Koalitionen, eine rechtsextreme Partei und auch die eine oder andere Neuwahl Usus sind.

In Schweden war das bisher nicht so. Die letzten vorgezogenen Neuwahlen gab es 1958. Regierungen waren oft in der Minorität, aber dennoch stabil.

Mit dem Einzug der nationalistischen Schwedendemokraten hat sich das Bild radikal verändert. Auf deren Totalopposition, die - wie Fraktionschef Mattias Karlsson sich ausdrückte - darauf abzielt, jede Regierung zu stürzen, die Einwanderung nicht begren- ze, war Schweden nicht eingestellt.

Löfven zog die Konsequenzen

Auch nicht die rot-grüne Minderheitsregierung unter Stefan Löfven. Deren Haushaltsentwurf war am Mittwoch im Parlament gescheitert, weil die Schwedendemokraten für den Vorschlag der bürgerlichen Opposition stimmten. Löfven zog die Konsequenzen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Demoskop fand sein Schritt Zustimmung bei knapp 70 Prozent der Schweden.

Die Schwedendemokraten begaben sich sofort in den Wahlkampf. "Wir werden uns ganz auf die Begrenzung der Einwanderung konzentrieren", sagte Fraktionschef Karlsson, "und wollen zweitgrößte Partei im Parlament werden."

Die Konservativen wiederum beeilten sich, das Prozedere für die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden zu beschleunigen. Den für März geplanten Sonderparteitag zogen sie auf den 10. Jänner vor. Außerdem wollen sie nach Informationen des Schwedischen Rundfunks bereits nächste Woche bekanntgeben, wer für die Nachfolge von Fredrik Reinfeldt kandidieren wird. Alle Zeichen deuten auf die wirtschaftspolitische Sprecherin Anna Kinberg Batra hin. Die 44-jährige Stockholmerin gilt als Kopie Reinfeldts. Im Falle ihrer Wahl wird sie vermutlich auch als Spitzenkandidatin der vier bürgerlichen Oppositionsparteien gegen Löfven ins Rennen ziehen.

Pattsituation möglich

Dass diese vier, die unter Reinfeldt acht Jahre lang die Geschicke Schwedens lenkten, wieder gemeinsam antreten werden, daran ließen sie keinen Zweifel. Eine Pattsituation wie im jetzigen Parlament ist damit auch nach der Wahl nicht auszuschließen. Zwei Blöcke ohne eigene Mehrheit stünden sich dann erneut gegenüber. Die Schwedendemokraten wären dann wieder das Zünglein an der Waage. (Karin Häggmark aus Stockholm, DER STANDARD, 5.12.2014)