Hans Christian Andersens Märchen "Die Schneekönigin" erzählt von einer auf die Probe gestellten Freundschaft. Die Nachbarskinder Gerda und Kai werden durch eine rätselhafte Macht getrennt. In der Fassung von Julia Burger (auch Regie) und Meike Sasse ist es der Kristall eines Schneeballs, der das Auge Kais trübt und ihn nur mehr das Schlechte sehen lässt. Damit wird das in der Schneekönigin personifizierte Böse für ein Publikum ab sechs Jahren auf kluge Weise relativiert. Auch sonst steckt diese Inszenierung im Dschungel Wien voller schöner Nuancierungen und kleiner performativer Wunder.

Für die Formulierung "Blumen schießen auf" etwa ließ Burger die bunt befrachteten Stängel mit Zauber analog auf die Bühne fliegen. Schneeflocken (in weißen Wollpullis) beschlagen Fensterscheiben, ihre Kühle erkennt man an dem Glitter an der Haut. Zwei verliebte Raben mit Überblick über die Welt weisen Gerda den Weg zum Schloss, in dem Kai immer unterkühlter wird (schöne imaginierte Vogelperspektive). Sie tragen Lederdressen mit genialen Fransenflügeln (Ausstattung: Sabine Ebner). Nicht nur ihr Turteltanz (oh!), auch die mit Gerda im Schloss absolvierte Schleichchoreografie erzeugt Spannung und nimmt auf ganz einfache Weise die schönsten Theaterkurven. (afze, DER STANDARD, 5.12.2014)