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Vor der Zusammenlegung sollten die Bewohner des Ortes Ganz noch diverse "Zuschüsse" erhalten.

Foto: dpa-Zentralbild/Jens Wolf

Ganz - Großzügige Zuschüsse haben Bewohner des obersteirischen Orts Ganz wenige Wochen vor der Fusion mit Mürzzuschlag bei ihrem Gemeindeamt abholen können. Insgesamt steht ein Schaden von knapp 300.000 Euro im Raum. Möglich gemacht hat das Bürgermeister Andreas Rinnhofer mit einer entsprechenden Mehrheit im Gemeinderat. Die steirische Gemeindeaufsicht leitete am Mittwoch ein Verfahren ein.

Nachdem alle Möglichkeiten zum Entgehen einer Fusion mit der Nachbarstadt ausgeschöpft waren, hat sich der Gemeinderat von Ganz offenbar ein Zuckerl für die Bürger ausgedacht: 600 Euro Mobilitätszuschuss oder weitere 600 Euro als Beitrag zu den Energiekosten oder auch als Unterstützung zum Infrastrukturaufwand. Dazu auch noch ein Bildungsbeitrag in der Höhe von 1.000 Euro für Familien mit Kindern. Insgesamt 2.800 Euro konnten die Bewohner im günstigsten Fall noch vor der Fusion am 1. Jänner abkassieren.

Auszahlungsstopp verhängt

Einige haben sich die Gelder bereits abgeholt, andere stellten ihre Anträge, doch am Mittwoch war Schluss damit. Nachdem die Gemeindeaufsicht am Dienstag Wind davon bekam und am Mittwoch vor Ort war, musste Rinnhofer einen Auszahlungsstopp verhängen: "Ich habe von der Behörde eine Aufklärung bekommen und gehe jetzt davon aus, dass die Auszahlung nicht rechtens war", gab sich das Gemeindeoberhaupt nach einem Bericht der "Kleinen Zeitung" vom Donnerstag gegenüber der APA zerknirscht.

Gedeckt war die Finanzspritze laut Rinnhofer durch Rücklagen, doch ob die großzügige Auszahlung rechtlich in Ordnung war, soll nun die Aufsichtsbehörde klären. Laut Gemeindereferentin Karin Boandl-Haunold soll ein Bericht schon in den kommenden Tagen vorliegen: "Wir erheben jetzt den Sachverhalt und prüfen allfällige Maßnahmen." Diese könnten etwa auch die Rückforderung des bereits ausbezahlten Geldes inkludieren. Bis spät in die Nacht soll an dem Fall gearbeitet worden sein.

Rinnhofer betonte gegenüber der APA, dass er sowie die sechs weiteren ÖVP-Gemeinderäte von Ganz bei der Volkspartei ausgetreten sind und mittlerweile ohne Parteizugehörigkeit im Gemeinderat sitzen. Beim Beschluss der Zuschüsse hatten sie zusammen mit sieben Stimmen die Mehrheit ausgemacht.

"Gemeindeanarchie"

Schon vor ein paar Tagen wollte der Bürgermeister von Saifen-Boden im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld den Bewohnern der demnächst zu Pöllau gehörenden Gemeinde einen Bonus ausschütten. Nachdem das Land mit einer Strafe drohte, blies er das Vorhaben ab. Anhand der beiden Fälle hieß es von Experten aus dem Gemeindebereich, dass schön langsam die "Gemeindeautonomie zur Gemeindeanarchie" werde. (APA, 4.12.2014)