Gumpoldskirchen/Wien – Die gestrige Androhung von Novomatic-Chef Harald Neumann, vor den Verfassungsgerichtshof zu ziehen, sollte wegen der mit Anfang 2015 wirksamen neuen Regelung des kleinen Glücksspiels in Wien einer seiner Automaten beschlagnahmt werden, lässt die Stadt offenbar kalt. Die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) zeigte sich aber "befremdet" und warf dem Unternehmen vor, den Rechtsstaat zu übergehen.

Novomatic setze sich – sollten die Automaten tatsächlich mit 1. Jänner 2015 nicht verschwunden sein – über die Gesetze hinweg, übte Sima am Dienstag im APA-Gespräch scharfe Kritik an Novomatic: "Man hat das Gefühl: Sie glauben, für sie gilt der Rechtsstaat nicht." Es müsse dem Glücksspielkonzern bewusst sein, dass er sich damit in die Illegalität begebe und pro beschlagnahmtem Automat eine Strafe von bis zu 22.000 Euro in Kauf nehme: "Ich halte es für ein fatales Signal, die gesetzgebenden Körperschaften zu übergehen."

Hintergrund

Zum Hintergrund: Die rot-grüne Stadtregierung hat sich – nach längerer SPÖ-interner Debatte – vor geraumer Zeit für ein Aus für das Automatenspiel abseits von Casinos, also für das Verbot des sogenannten kleinen Glücksspiels, entschieden. Konkret laufen alle gültigen Lizenzen mit Ende 2014 aus. Dafür wurde in der Vorwoche mit der Änderung des Veranstaltungsgesetzes ein letzter formaler Beschluss im Landtag gefasst.

Novomatic kündigte nun an, sich nicht an das Verbot halten zu wollen. Das Unternehmen sieht sich juristisch im Recht und hat drei Rechtsgutachten bekannter Verfassungsrechtler vorgelegt. Eine der Grundaussagen: Aufrechte Konzessionsbescheide seien für ihre gesamte Laufzeit gültig – also auch über Anfang Jänner 2015 hinaus. Laut Novomatic laufen einige der Automatenlizenzen bis 2017.

Zusätzlich orten die Fachleute einen juristischen Fehler, da Wien es verabsäumt habe, ein eigenes Landesgesetz zusätzlich zum Rahmengesetz des Bundes zu schaffen – woran auch die Novellierung des Veranstaltungsgesetzes nichts ändere. Die Bundesverfassung kenne aber den Begriff "Rahmengesetz" gar nicht. Sobald also der erste Spielautomat im kommenden Jahr beschlagnahmt werde, wende man sich an den Verfassungsgerichtshof, so die Drohung des milliardenschweren Konzerns.

Auch andere Betreiber wollen Automaten stehen lassen

Nach der Ankündigung des Glücksspielkonzerns Novomatic, ab 1. Jänner mit Klagen auf etwaige Beschlagnahmungen von Automaten zu reagieren, kündigen nun auch andere Betreiber an, ihre Automaten stehen zu lassen. "Die allermeisten werden stehen bleiben", erklärte Helmut Kafka, Sprecher des Automatenverbandes am Dienstag. Die Finanzpolizei will dagegen weiter regulär kontrollieren.

"Klagen werden auf jeden Fall kommen, da scharren schon eine ganze Reihe von Anwälten", betonte Kafka. Er rechnet mit verschiedenen Verfahren gegen die Stadt Wien. Die Landeskonzessionen hätten ihre Gültigkeit nicht verloren, betonte Kafka. Und diese laufen zum Teil noch mehrere Jahre. Daher würden auch die Automaten bleiben - ein Beschluss, der schon weit vor der Novomatic-Ankündigung gefallen sei.

Für die Finanzpolizei, die für die Kontrolle des Kleinen Glücksspiels in Wien zuständig ist, ändert diese Diskussion derzeit nichts. "Es gibt eine klare Gesetzeslage, diese werden wir ab 1. Jänner vollziehen", hieß es auf APA-Anfrage aus dem Finanzministerium. Jeder Fall sei dabei natürlich individuell zu beurteilen, grundsätzlich reiche die Palette der Sanktionen aber von der Verwarnung über Beschlagnahmungen und Einziehungen bis hin zu Betriebsschließungen und Verwaltungsstrafverfahren. Bundesweit sind für die Finanzpolizei 520 Beamte im Einsatz.

Unbeeindruckte Sima

Sima zeigte sich unbeeindruckt. Sowohl der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts als auch jener der Stadt gingen davon aus, dass die Rechtskonstruktion korrekt sei und auch vor dem Höchstgericht halten werde. Insofern sehe sie keinen Handlungsbedarf.

Ähnlich der Koalitionspartner: "Wir lassen uns von den Drohungen der Novomatic nicht einschüchtern und sehen etwaigen Klagen gelassen entgegen", richtete der grüne Klubchef David Ellensohn via Aussendung aus. Natürlich sei Novomatic nicht glücklich darüber, auf Einnahmen in mehrstelliger Millionenhöhe verzichten zu müssen, "aber wir sind überzeugt, dass mit der Spielsucht kein Geschäft gemacht werden soll". Die Einhaltung des Verbots wird ab Jahresbeginn von der Finanzpolizei, die in die Zuständigkeit des Bundes fällt, kontrolliert. Sima kündigte heute allerdings Unterstützung seitens der Stadt an. (APA, 2.12.2014)