Die Unversehrtheit der Person ist ein Menschenrecht. Viel zu oft gilt sie bei Kindern im Straßenverkehr allerdings nicht.


Foto: Rudolf Brandstätter

Graz – Diskriminierungen aufgrund der Ethnie, des Geschlechts oder des sozialen Status – das alles sind Probleme, die im öffentlichen Bewusstsein eng mit dem Thema Menschenrechte bzw. deren Verletzung verknüpft sind. Anders ist das mit Kindern im Straßenverkehr. "Das wird als Menschenrechtsthema nicht erkannt", weiß Klaus Starl vom European Training and Research Center for Human Rights and Democracy Graz (ETC).

Datenschutz an roten Ampeln

Dabei ist die Unversehrtheit der Person ein Menschenrecht. "Wir haben aber leider eine Kultur, bei Rot über die Straße zu fahren. Und es gibt keinen Vollzug, denn die Sicherheitsbehörden bringen keine Kameras bei Ampeln an mit dem Hinweis auf Datenschutz", so Starl, "das ist in diesem Zusammenhang doch interessant."

Starl präsentierte am Montag gemeinsam mit der Vorsitzenden des Grazer Menschenrechtsbeirats, Elke Lujansky-Lammer, und der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, Daniela Grabovac, den siebenten Menschenrechtsbericht der Stadt Graz. Aus diesem geht hervor, dass Kinder im Straßenverkehr aus menschenrechtlicher Sicht zu den gefährdetsten Personen der Stadt gehören. Die anderen sind Frauen im eigenen Heim, also Opfer häuslicher Gewalt, und Menschen mit dunkler Hautfarbe im öffentlichen Raum und in öffentlichen Verkehrsmitteln.

In Zahlen sieht das im Menschenrechtsbericht so aus: 26 Kinder wurden auf Fußgängerübergängen verletzt, jede achte Frau erfährt körperliche Gewalt durch ihren Partner, und jeder siebente Schwarze wird auf offener Straße tätlich (!) angegriffen. Die Gewalt an Frauen stagniere auf inakzeptabel hohem Niveau, heißt es im Bericht.

Herabwürdigungen in der Anonymität der Straße

Für Menschen mit dunkler Hautfarbe ist es "draußen am gefährlichsten", betont Starl im Gespräch mit dem Standard. Das gelte für alle Formen von Diskriminierungen. "Die Straße schafft eine Anonymität, die Menschen zu Herabwürdigungen veranlasst", warnt Starl.

Es sei wichtig, dass man Diskriminierungen, auch wenn sie nicht strafrechtlich relevant sind, anzeigt. Dafür gibt es allein in Graz vier Stellen: die Gleichbehandlungsanwälte auf Bundes-, Landes- und Stadtebene sowie die Antidiskriminierungsstelle. Alle sind miteinander vernetzt.

Im Vergleich mit anderen Städten hat die Menschenrechtsstadt Graz, wo jeder Gemeinderatsbeschluss auch auf Menschenrechte hin überprüft werden muss, Licht- und Schattenseiten. Überraschend hoch liegt mit 80 Prozent die Zahl unter den rund 500 Befragten mit dunkler Hautfarbe, die nicht an ihre Gleichheit in Österreichs Rechtssystem glauben. Andererseits können sich 50 Prozent der Grazer vorstellen, einen Schwarzen zum Bürgermeister zu wählen. "In Innsbruck sind das im Vergleich nur zehn Prozent", so Starl. Gut entwickelt hätten sich - auch mit der Hilfe der Stadtpolitik - die Situation von Menschen mit Behinderung und der Umgang mit bettelnden Menschen.

Bei Letzteren könne man in Graz gut beobachten, dass "Gehässigkeiten und Übergriffe im öffentlichen Raum abnahmen, wenn Medien und Politik im öffentlichen Diskurs kalmieren". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 2.12.2014)