Brüssel/Kiew/Wien – Innerhalb der Nato werden immer deutlicher Differenzen über eine mögliche Mitgliedschaft der Ukraine sichtbar. Ungeachtet der russischen Proteste werde die Nato einen Beitritt der Ukraine prüfen, falls Kiew ihn beantrage, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag, einen Tag vor dem Außenministertreffen, in Brüssel. Es gebe kein "Vetorecht" eines Drittstaates.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte am Wochenende betont, ein Nato-Beitritt der Ukraine stehe nicht auf der Tagesordnung. Dieser würde das gespannte Verhältnis zu Russland weiter belasten.

Referendum geplant

Stoltenberg äußerte sich zur deutschen Position nicht direkt, sagte aber: "Ich respektiere die Entscheidung der ukrainischen Nation." Die prowestliche Führung in Kiew strebt einen Nato-Beitritt an. Präsident Petro Poroschenko will darüber innerhalb von etwa sechs Jahren abstimmen lassen, sobald wichtige Kriterien erfüllt sind. In einem ARD-Interview bezeichnete Poroschenko die Nato als einzige Organisation, die die Sicherheit von Staaten noch gewährleisten könne. Derzeit definiert sich die Ukraine laut Verfassung als blockfreier Staat.

Stoltenberg warf am Montag Russland erneut "aggressives Verhalten" in der Ukraine vor und forderte Moskau auf, seinen Kurs zu ändern. Vor einigen Tagen hatte er in einem Interview mit dem russischen Radiosender Echo Moskwy gesagt: "Wir wollen keine Konfrontation mit Russland, und wir brauchen keinen neuen Kalten Krieg." Moskau müsse dies allerdings auch wollen.

Die Nato-Außenminister beraten heute, Dienstag, in Brüssel auch über eine Übergangslösung für eine schnelle Eingreiftruppe, die binnen weniger Tage in Krisenregionen stationiert werden soll. Diese soll großteils aus deutschen Soldaten bestehen und bereits Anfang 2015 bereitstehen.

Deutsche Medien wie der Spiegel sehen auch innerhalb der Berliner Regierungskoalition einen wachsenden Riss in der Haltung zu Russland: Steinmeier (SPD) konterkariere immer offener die klar Moskau-kritische Position von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). (jk, DER STANDARD, 2.12.2014)