Der 32-jährige Mirsad O., den seine Anhänger als "Sheikh Ebu Tejma" kennen, ist heuer schon vor Gericht gesessen. Als Kläger und Zeuge in zwei Medienprozessen, gegen "Heute" und "Österreich". Er wollte sich nämlich nicht nachsagen lassen, dass er zwei junge Mädchen aus Wien für Terrorgruppen in Syrien rekrutiert hat.

Beide Verfahren gewann er nicht rechtskräftig – und bot gleichzeitig im Gerichtssaal interessante Einblicke in sein Innenleben.

Möglicherweise findet sich O., für den die Unschuldsvermutung gilt, bald in anderer Rolle im Gefüge der Justiz: als Angeklagter, da er sehr wohl Kämpfer für Syrien angeworben haben dürfte. Das ist nämlich der Verdacht des Verfassungsschutzes und der Staatsanwaltschaft Graz, die ihn am frühen Freitagmorgen in Wien verhaften ließ.

Lob für Osama Bin Laden

Vorwürfe, die er und sein Anwalt Lennart Binder bei den Medienprozessen noch vehement bestritten haben. Allerdings brachte der Anwalt von "Österreich" beispielsweise Videos von O.s Predigten aufs Tapet, die auf Youtube im Internet kursieren. In denen wird Osama Bin Laden gelobt, wird vom Jihad gesprochen und darüber, dass man seine Eltern nicht fragen müsse, wenn man den Islam verteidigen will.

Der vierfache Vater, der mit seinem Vollbart und der traditionellen arabischen Kleidung wie das Klischee eines Radikalen aussieht, stritt extremistische Hintergedanken rundweg ab. Es handele sich um Missverständnisse, teilweise seien die Videos Kurzzusammenfassungen seiner stundenlangen Vorträge, wodurch einzelne Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien.

Auch vor Richter Gerald Wagner gab er sich als besonnener Gläubiger, der nie Minderjährige aufstacheln, geschweige denn in den Krieg schicken würde. Auf die Frage des Richters, warum kein Muslim Osama Bin Laden hassen dürfe, argumentierte O., dass dieser auch gute Dinge vollbracht habe – etwa Straßen in Afrika gebaut. Wagners trockener Bemerkung "Autobahnen hat der Hitler auch gebaut und trotzdem viele Menschen umgebracht" konnte er wenig entgegnen.

Moschee in Wien-Leopoldstadt

Für den Bosniaken aus dem serbischen Sandschak interessiert sich der Verfassungsschutz schon länger, trat er doch auch in der Altun-Alem-Moschee in Wien-Leopoldstadt auf, die als Zentrum extremistischer Kreise gilt. Belangt wurde er bis Freitagmorgen allerdings nie – möglicherweise, um die jahrelangen Ermittlungen nicht zu gefährden und weitere Beweise zu sammeln. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 29.11.2014)