Wien - Das erste österreichische Invitrofertilisations-Baby (IVF) hat am 5. August 2012 seinen 30. Geburtstag gefeiert. Vor 30 Jahren gründete einer der medizinischen Väter, der Wiener Gynäkologe Wilfried Feichtinger, das erste private In-vitro-Fertilisationszentrum in Österreich. Am Donnerstag findet dazu ein Fest im Naturhistorischen Museum in Wien statt.

Es gibt noch zwei weitere Gründe für Feierlichkeiten: Vor zehn Jahren starteten Feichtinger und der Wiener Medizin-Genetiker Markus Hengstschläger mit der sogenannten Polkörperuntersuchung einen viel beachteten Versuch, mit einer auch nach dem alten und wohl bald reformierten Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubten Testmethode für die IVF gut geeignete Eizellen auszusuchen. Bei dem Verfahren wird nach dem Injizieren eines Spermiums in die Eizelle die mütterliche Erbsubstanz, welche im Rahmen der Befruchtung in den Polkörperchen übrig geblieben ist, untersucht. Bei der Polkörper-Analyse kann ausschließlich die mütterliche Erbsubstanz untersucht werden.

Mit Polkörperdiagnostik Erkrankung ausgeschlossen

Hinzu kommt, so Hengstschläger, dass vergangenes Wochenende das erste Baby in Österreich geboren wurde, bei dem über Polkörperdiagnostik eine monogen vererbte Erkrankung ausgeschlossen wurde. Bei solchen Erkrankungen handelt es sich um Schäden in einem Gen. Das kann aber beim Umgeborenen schwerste Defekte hervorrufen, die nicht mit dem Leben vereinbar sind. "Bisher haben wir diese Technik vor allem dazu verwendet, die Fehlgeburtenrate im Rahmen der IVF zu verringern und Eizellen auszuschließen, die sich nicht implantieren können", sagte Hengstschläger.

Feichtinger mit seinem Institut sowie Hengstschläger und seine Kollegen Franco Laccone und Jürgen Neesen vom Institut für Medizinische Genetik der MedUni Wien haben gemeinsam bereits mehrere Patienten mit monogen vererbten Erkrankungen bei vorliegenden unerfülltem Kinderwunsch betreut. Nunmehr kam das erste österreichische Baby nach Ausschluss einer solchen Erkrankung per komplexer genetischer Testung auf die Welt. Es gab ein hohes familiäres Risiko des Paares für ein Kind mit einer seltenen genetischen Erkrankung. Der Ausschluss dieses Risikos konnte deshalb erfolgen, weil in diesem Fall jeweils die Mutter die Überträgerin der Erkrankung ist. Aus Gründen der Anonymität der Familie wurden nähere Details nicht bekanntgegeben.

"Gesetzesvorschlag mit hohen ethischen Normen"

Feichtinger und Hengstschläger begrüßen übrigens die jetzt geplante Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes, wie sie mitteilten, weil diese die Ungleichbehandlung jener Partnerschaften, denen im Fall eines Risikos nicht über Polkörperdiagnostik geholfen werden kann, aufheben würde. "Es handelt sich um einen international gesehen sehr strengen Gesetzesvorschlag mit hohen ethischen Normen, der die Präimplantationsdiagnostik nur innerhalb eines klar eingeschränkten Rahmens zulässt. Aber dieses neue Gesetz ermöglicht es, alle entsprechend betroffenen Patienten auf dem aktuellen Stand der Medizinzu betreuen, Schwangerschaftsabbrüche zur vermeiden und Fehlgeburten zu minimieren," so Feichtinger (Direktor des Wunschbaby-Instituts) und Hengstschläger (Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik und stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission). (APA, derStandard.at, 27.11.2014))