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Seit fast fünf Jahren ermittelt die EU-Kommission gegen Google, seit fast vier Jahren läuft ein offizielles Verfahren der Wettbewerbsbehörde. Der Vorwurf: Der Suchmaschinenbetreiber soll seine eigenen Produkte zulasten der Wettbewerber bei den Suchergebnissen bevorzugen.

Foto: AP/Pedersen

Straßburg - Das EU-Parlament macht sich für eine Aufspaltung von Internetkonzernen wie Google stark. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Donnerstag in einer nicht bindenden Resolution dafür, das Suchmaschinengeschäft gegebenenfalls von anderen Unternehmensbereichen abzutrennen, wie der spanische Abgeordnete Ramon Tremosa auf Twitter mitteilte. Tremosa und der deutsche Abgeordnete Andreas Schwab hatten die Resolution vorangetrieben. Das Thema treibt die Techwelt und in der Folge die Politik bis an die höchsten Stellen schon seit einer Woche heftig um. Bereits am Wochenende wurde die Absicht des EU-Parlaments öffentlich, einen Antrag zur Aufspaltung von Internetgiganten wie Google zu stellen.

Rasch ließ der neue Digitalkommissar Günther Oettinger die Öffentlichkeitsarbeiter von Google aufatmen: "Keine Zerschlagung und keine Enteignung" werde es mit ihm geben, sagte Oettinger zu Wochenbeginn bei einer Veranstaltung. Internationale Zeitungen wie die "Financial Times" protokollieren hingegen die Wahrnehmung für das Thema aufseiten der USA. Von "seltenen und konzertierten Aktionen" von US-Politikern ist da die Rede: In mehreren Briefen warnen die Fraktionschefs von Republikanern und Demokraten im Finanzausschuss des Senats und Abgeordnete vor negativen Folgen für die Wirtschaftsbeziehungen, wenn die EU gegen Konzerne wie Google vorgeht; ebenso vor abschreckender Wirkung auf Investitionen von US-Onlinefirmen.

Aufspaltung der Aktivitäten

Die Resolution sieht jedenfalls als letztes Mittel eine Trennung von Suchmaschine und anderen kommerziellen Aktivitäten vor. Die EU-Kommission möge eine solche Entflechtung prüfen, um dominierenden Marktstellungen einen Riegel vorzuschieben. Das ging zumindest aus dem Entwurf hervor, den Reuters vergangenes Wochenende als Grundlage für erste entsprechende Medienberichte zitierte.

Der Antrag des Parlaments ist nicht bindend. Er hat aber wohl eine breite Öffentlichkeitswirkung und setzt die EU-Kommission unter Druck, mehr noch als jetzt. Auch die EU-Wettbewerbskommission untersucht schon seit 2010, ob Google seine Marktmacht missbraucht. Genau genommen geht es darum, ob die Firma die Trefferliste der Suchmaschine manipuliert, um eigene Dienste ganz nach vorne und die der Konkurrenz nach hinten zu schieben. Google drohen zumindest theoretisch Milliardenstrafen.

Schwierige Frage Entflechtung

Schon einmal, nämlich im Februar, schien ein Kompromiss nahe, der vom damaligen Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia forciert wurde. Demnach hätte Google den Konkurrenten die höchsten Anzeigenplätze reserviert, damit diese dafür exklusiv bieten können. Die Konkurrenz – unter dem Dach von Fairsearch zusammengeschlossen –, zu der unter anderen Microsoft und Expedia gehören, lehnte das ab. Einer Entflechtung, ähnlich jener bei Stromnetzen, konnten im Sommer auch manche Politiker etwas abgewinnen. Auch aus der französischen Regierung gab es starken Gegenwind für einen Wettbewerbskompromiss. Seit November ist die neue Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im Amt. Sie wollte in der Sache noch nicht eindeutig Position beziehen.

Die Bundesrepublik Deutschland will wie das EU-Parlament die Marktmacht der großen US-Internetfirmen mit einer Reform des europäischen Wettbewerbsrechts beschneiden. Dafür möchten sich Berlin gemeinsam mit Paris stark machen. Das klassische Wettbewerbsrecht reiche angesichts der Digitalisierung der Wirtschaft nicht mehr aus, sagte der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen am Donnerstag in Brüssel. (rebu, derStandard.at, 27.11.2014)