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Martialisches Äußeres: die Polizei von Ferguson, Missouri.

Foto: Reuters/Jackson

Die Entscheidung der Grand Jury, den weißen Polizisten Darren Wilson nach dessen tödlichen Schüssen auf den jungen Afroamerikaner Michael Brown in Ferguson nicht anzuklagen, hat in den USA die größten Massenproteste gegen Polizeigewalt seit Jahren ausgelöst.

Während der Spruch der zwölf Geschworenen nicht überraschend kam – Beobachter rechneten aufgrund undichter Stellen in der Jury damit –, stellt er in der Rechtspraxis der Vereinigten Staaten doch eine Ausnahme dar. Wie die renommierte US-Website fivethirtyeight.com darstellt, entscheiden Grand Jurys in den meisten Fällen für eine Anklage. Fordert der Staatsanwalt eine solche, bekommt er sie fast immer auch.

Der Fall Darren Wilson stellt demgemäß eine höchst seltene Ausnahme dar. Laut den jüngsten verfügbaren Daten wurden im Jahr 2010 mehr als 162.000 Fälle nach dem Bundesrecht verfolgt, in gerade einmal elf Fällen wies eine Grand Jury eine Anklage zurück. Zwar wurde der Fall Wilson nicht von einem Bundesgericht verhandelt, sondern auf Ebene des Staates Missouri. Vergleichbar seien die Größenordnungen laut fivethirtyeight.com aber durchaus.

Die Daten belegen, was viele Demonstranten nach dem Urteil von Ferguson vermuten: dass in der US-Justiz mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn gegen Polizeibeamte Vorwürfe erhoben werden.

Geringe Haftwahrscheinlichkeit

2012 kamen laut der Wochenzeitung "Economist" gemäß einer konservativen Schätzung 409 Menschen in den USA durch "legitimen" Schusswaffeneinsatz der Polizei ums Leben. Umgekehrt wurden im darauffolgenden Jahr 30 Polizisten im Einsatz erschossen. Das National Police Misconduct Reporting Project (NPMRP) des libertären Washingtoner Cato Instituts hat berechnet, dass jeder hundertste US-Polizeibeamte 2010 eines Fehlverhaltens beschuldigt wurde, ein Viertel der Vorwürfe betrifft exzessive Gewaltanwendung.

Während ein Durchschnittsbürger zu 68 Prozent für ein Vergehen verurteilt wird, trifft dies bei Polizeibeamten nur zu 33 Prozent zu. Und auch in puncto Verurteilungen zeigen die Daten eine Schieflage auf: Während ein verurteilter Bürger mit 48-prozentiger Wahrscheinlichkeit für sein Vergehen hinter Gitter wandert, liegt die Haftquote bei verurteilten Polizisten nur bei zwölf Prozent.

Im Falle Darren Wilsons prognostiziert fivethirtyeight.com die Wahrscheinlichkeit, dass der Polizist für die Tötung Michael Browns doch noch von einem Bundesgericht verurteilt wird, mit null Prozent. (red, derStandard.at, 26.11.2014)