Riad/Kairo - Einen solch barbarischen Anschlag hatten die Schiiten in Saudi-Arabien noch nie erlebt. Während des Ashura-Festes Anfang November richteten Vermummte in einer Moschee in Al-Ahsa im Osten des Landes ein Blutbad an. Neun Gläubige wurden getötet, 13 verletzt. Am Montag hat der Sprecher des saudischen Innenministeriums, General Mansur al-Turki, nun erstmals von saudi-arabischen Stellen bestätigt, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hinter dem Attentat steht.

Die Befehle seien aus dem Ausland gekommen, heißt es in Riad weiter. Insgesamt wurden im Zusammenhang mit dem Überfall landesweit 77 Personen verhaftet. Mehrere von ihnen waren schon einmal im Gefängnis, die meisten von ihnen wegen Vergehen im Zusammenhang mit extremistischen Terrorgruppen.

Vermutlich größtes Kontigent an IS-Kämpfern

Der Anschlag von Al-Ahsa wäre, so die Meldungen zutreffen, die erste Aktion der IS in Saudi-Arabien. Die Behörden des Königreiches haben allerdings schon früher Verhaftungen von IS-Sympathisanten vorgenommen, die Kämpfer rekrutiert haben sollen.

Tausende junge Saudis kämpfen bereits unter der IS-Flagge. Sie stellen das vermutlich größte Kontingent der geschätzten 12.000 ausländischen Kämpfer bei der Terrormiliz. Vor zwei Wochen, in seiner bisher letzten Audio-Botschaft, hat IS-Chef Baghdadi die Gruppen aus Saudi-Arabien ausdrücklich willkommen geheißen und sie aufgefordert, sich auf ihre Feinde im eigenen Land zu konzentrieren. Genauer: Auf Schiiten, die saudische Monarchie und ihre Armee sowie die "Kreuzfahrer in ihren Basen" - gemeint sind die Amerikaner.

Für Saudi-Arabien, das selbst ebenfalls einem konservativen Islam verpflichtet ist, ist die IS so etwas wie ein fundamentalistisches Konkurrenzprojekt, allerdings ohne die wirtschaftliche Modernisierung, wie sie das Königreich erlebt hat. Die IS hat vor allem bei der Generation der Afghanistan-Rückkehrer Unterstützung gefunden. Sie erhielt in den vergangenen Jahren auch privates, saudisches Geld, das wegen der inzwischen strengen Kontrolle der Finanzströme meist über andere Länder, etwa Kuwait, geschleust wird.

Gefahr einer Infiltration

Im März hat Riad die IS als Terrororganisation eingestuft. Für sie zu kämpfen oder sie zu unterstützen, ist eine Straftat. Die religiöse Führung hat der IS abgesprochen, irgendetwas mit dem Islam zu tun zu haben. Um die Infiltration aus dem Irak zu verhindern, wurden 30.000 Mann an die gemeinsame Grenze gestellt. Saudische Jets fliegen Angriffe gegen die IS in Syrien. Im eigenen Land glauben die saudischen Behörden, gut gerüstet zu sein. Nach der Terrorwelle vor zehn Jahren wurden die Antiterror-Maßnahmen in jeder Hinsicht massiv verstärkt. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 26.11.2014)