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Martin Netzer will nicht alleine für die Pannenserie bei der Zentralmatura verantwortlich sein.

Foto: apa/Neubauer

Wien - Der ehemalige Direktor des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie), Martin Netzer, sieht vor allem das Unterrichtsministerium für die Pannenserie bei der Zentralmatura verantwortlich. Netzer ist im Mai nach Kritik an einem Text mit nationalsozialistischem Hintergrund, unvollständigen Aufgabenheften und Verwirrung um den Beurteilungsschlüssel in Englisch gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Wiesner zurückgetreten.

Netzer sagt in einem Schreiben vom Mai an den Aufsichtsrat des Bifie – er selbst nennt es "Sachverhaltsdarstellung", dass die Rahmenbedingungen für die Zentralmatura schwierig waren, weil das Unterrichtsministerium einen "generellen Stopp" im Zuge eines vermeintlichen Datenlecks angeordnet hatte. In der Sache laufen inzwischen Ermittlungen des Bundeskriminalamts, das Bifie hat sich von einer Mitarbeiterin getrennt.

Erhöhter Arbeitsaufwand durch Datenleck

Auf Wunsch der Ministerin seien alle Aufgaben, die auf der Plattform der Firma Zoe Solutions – bei der das vermeintliche Leck aufgetreten ist – gespeichert waren, nochmals vom Bifie überarbeitet worden, schreibt Netzer in dem Papier, das am Wochenende in der "ZiB" öffentlich gemacht wurde. Dies sei zu einem Zeitpunkt passiert, als die Maturaaufgaben eigentlich hätten fertig sein sollen und nur mehr letzte Qualitätskontrollen durchgeführt werden sollten.

Parallel dazu sei auf Wunsch des Ministeriums ein komplett neues Paket mit neuen Aufgaben erstellt worden, für den Fall, dass der TÜV-Test negativ ausfallen sollte. Dies habe einen enormen Entwicklungsaufwand unter Akkordbedingungen bedeutet, unter dem die Vorbereitung auf die Zentralmatura gelitten habe.

Grüne sehen Verantwortung bei Ministerin

Der grüne Bildungssprecher Harald Walser fühlt sich von der Sachverhaltsdarstellung bestätigt. Sie zeige, dass Heinisch-Hosek mehr Verantwortung für die Fehler bei der Zentralmatura habe, als sie zugebe. "An der Pannenserie hat sie selbst kräftig mitgewirkt", schreibt Walser in einem Blogeintrag am Montag.

Zudem habe sie bei der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage "die Unwahrheit gesagt", als sie behauptete, dass es zu keinen Eingriffen in die Vorbereitungsarbeiten bei der Zentralmatura gekommen sei.

Heinisch-Hosek weist Kritik zurück

Heinisch-Hosek sieht das anders. Es seien stets alle Maßnahmen mit dem Bifie abgesprochen worden, Anweisungen habe es nicht gegeben, heißt es aus ihrem Büro zu derStandard.at. "Aufgrund der Vorfälle rund um das Datenleck im Bifie war eine rasche Überprüfung der Datensicherheit im Hinblick auf die neue Matura notwendig." Selbstverständlich sei es nötig gewesen, Alternativoptionen zu entwickeln, falls das Bifie nicht in der Lage gewesen wäre, die Matura durchzuführen. "Deshalb kamen bereits die seit langem vorbereitete Pakete für die neue Matura zum Einsatz", sagt die Ministerin.

Probleme auf inhaltlicher Ebene

Die Probleme bei der Zentralamatura hatten laut Heinisch-Hosek also nichts mit den Vorkehrungsarbeiten im Zuge des Datenlecks zu tun. Sie hätten langfristige inhaltliche Punkte betroffen.

Tatsächlich war etwa die Bearbeitung des Texts "Die Schnecke" von Martin Hausmann regulär Teil der Zentralmatura. Autoren hatten kritisiert, dass der Text, der kurz nach dem Nationalsozialismus entstanden war, nicht historisch eingeordnet wurde.

Auch die Kritik am Beurteilungsschlüssel in Englisch hat nichts mit den Überprüfungen durch das Datenleck zu tun. Netzer sieht darin in seiner Darstellung einen "Fehler in der Kommunikationsstrategie". Er schlägt deshalb vor, die Kommunikation am Bifie zu verbessern und eine Nahtstelle zum Unterrichtsministerium herzustellen.

Panne bei Mathe-Matura

Unmittelbar in Zusammenhang mit der Überprüfung des Datenlecks dürfte allerdings die Panne bei der Mathematik-Matura stehen. Sie musste an fünf Schulen unterbrochen werden, da zu unvollständige Aufgabenhefte ausgeteilt worden waren. Netzer sieht als einen Grund dafür, dass der Druckbeginn für die Aufgabenhefte nach hinten verlegt werden musste. (Lisa Kogelnik, derStandard.at, 24.11.2014)