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Gähnende Leere im ägyptischen Parlament - Sinnbild für die Bedeutung, die dem Haus in Zukunft zuteilwerden könnte.

Foto: AP / Ahmed Gomaa

Im Durchschnitt einmal pro Tag setzt Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi seine Unterschrift unter ein Gesetzesdekret. Seit mehr als zwei Jahren gibt es in Ägypten keine Volksvertretung mehr. Das Staatsoberhaupt übt auch die gesetzgeberische Funktion aus - und das wird auch noch für einige Zeit so bleiben. Die Vorbereitungen für den letzten Schritt der politischen Neuordnung, die nach dem Sturz der Islamisten im Sommer 2013 von der Armee verfügt wurde, gehen nur im Schneckentempo vorwärts. Offiziell werden logistische Gründe angeführt, aber es gibt auch machtpolitische Motive.

Laut Verfassung müssen die Wahlkreise ausgewogen sein. Zudem wurden drei neue Provinzen geschaffen, weshalb eine neue Einteilung der Wahlkreise nötig wurde. Die nimmt viel Zeit in Anspruch. Es wird noch Wochen dauern, bis diese Arbeiten abgeschlossen sind; erst dann kann die Wahlkommission den Kalender für den ganzen Prozess festsetzen.

Wie Sisi kürzlich vor einer US-Wirtschaftsdelegation klarstellte, soll der Wahlprozess bis März 2015 zumindest begonnen haben. Bei einer dann in Sharm al-Sheikh stattfindenden internationalen Wirtschaftskonferenz soll eine Botschaft an die Welt gesandt werden: nämlich jene, dass Ägypten den politischen Fahrplan sehr wohl umsetzt.

Keine Eile beim Präsidenten

Der Präsident scheint dennoch keine Eile zu haben. Nach den Wahlen muss er seine Macht mit den Volksvertretern teilen. Mit der Verfassung nach der Revolution von 2011 sollte sichergestellt werden, dass es keine neuen, allmächtigen "Pharaonen" mehr an der Staatsspitze gibt. Das Resultat war eine Mischform zwischen Präsidial- und Parlamentssystem.

Auch wenn noch kein Termin feststeht, wird dennoch hinter den Kulissen kräftig daran geschraubt, dass der Urnengang ein Parlament produziert, das zumindest zu 80 Prozent aus Abgeordneten besteht, die hinter dem Präsidenten stehen.

Das Wahlgesetz kommt diesen Bestrebungen entgegen. Von den 540 zu wählenden Abgeordneten werden 420 in Einerwahlkreisen bestimmt und 120 über geschlossene Listen. Damit ist der Weg frei für reiche und populäre Persönlichkeiten mit Familien- und Geschäftsbanden, während politische Parteien kaum Einfluss haben. Dieses System lässt sich gut steuern und erinnert an die Mubarak-Zeit, als Parlamentssitze von Exponenten der Regierungspartei praktisch gekauft wurden.

Allianzen schmieden

Derzeit werden Wahlallianzen geschmiedet, um sicherzustellen, dass in jedem Wahlkreis der stärkste Kandidat aus dem großen Sisi-Lager aufgestellt wird, dem Parteien und Gruppierungen aus dem gesamten politischen Spektrum und nicht wenige Parteigänger von Ex-Präsident Mubarak angehören. Noch unklar ist die Rolle der Islamisten. Während die Muslimbrüder und ihre Partei bereits verboten sind, ist ein Gerichtsverfahren anhängig; mit dem Ziel, auch die salafistische al-Nur-Partei, die den Putsch der Armee im Sommer 2013 unterstützt hatte, von der politischen Bühne zu verbannen. (DER STANDARD, 24.11.2014)