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Journalisten bereiten sich auf das große Warten vor dem Palais Coburg vor, wo die Verhandlungen stattfinden. Die Deadline ist am Montag, aber wann Ergebnisse kommen, ist ungewiss.

Foto: AP Photo/Ronald Zak

Wien - Genau genommen wissen die Berichterstatter und Beobachter, die auf die Ergebnisse der - so war es geplant - letzten Runde der Atomgespräche zwischen dem Iran und den internationalen Verhandlern warten, gar nicht genau, worum es hinter den verschlossenen Türen im Wiener Palais Coburg geht: Zwar wird weiter unter dieser Prämisse verhandelt, aber ist ein positiver Abschluss, ein Deal über die Beilegung des Streits um das umstrittene iranische Atomprogramm, bis zur Montag-Deadline noch möglich? Geht es bereits um das Notprogramm?

In den letzten Wochen wies einiges darauf hin, dass höchstens ein weiteres Interimsabkommen zu erreichen sein wird; zu Wochenmitte gab es jedoch wieder Stimmen, die von einem möglichen Durchbruch sprachen.

Verhandelt wird auf internationaler Seite im bewährten Format, von der früheren EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, die für die Verhandlungen ein Sondermandat bekommen hat, und ihrem Team, im Namen der fünf Uno-Vetomächte plus Deutschland. US-Außenminister John Kerrys Ankunft in Wien wurde für Donnerstagabend festgelegt, ein Zeichen, dass es zumindest etwas zu besprechen gibt.

Skeptische Saudis

Kerry kam von Paris, wo er nicht nur mit der französischen Regierung, sondern auch mit seinem saudischen Amtskollegen Saud al-Faisal Gespräche führte. Saudi-Arabien, regionaler Konkurrent des Iran, ist, gemeinsam mit Israel, ein starker Gegner eines Deals, das dem Iran gestatten würde, sein Uran-Anreicherungsprogramm fortzuführen, wenn auch auf Jahre hinaus gedeckelt und unter verschärfter Kontrolle.

Pressekonferenz von John Kerry am Donnerstag in Paris
binder

Um die in diesem Satz enthaltenen Fragen geht es: Wie viel Uran darf der Iran mit welchen Zentrifugen produzieren, wie lange gelten die Beschränkungen - und wie sieht der Zeitplan für die Sanktionsaufhebung aus? Die internationalen Wirtschaftssanktionen loszuwerden ist ja der Auftrag des religiösen Führers des Iran, Ali Khamenei, an Präsident Hassan Rohani und seinen Außenminister Mohammed Javad Zarif.

Omanische Vermittler

Kerry traf in Paris aber auch den omanischen Außenminister Yussuf bin Alawi. Oman sitzt zwar mit Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, den Vereinten Arabischen Emiraten und Katar im Golfkooperationsrat (GCC), ist aber diplomatisch immer eigene Wege gegangen und trägt weder die prononcierte saudische Gegnerschaft zum Iran noch den saudischen Wunsch mit, aus dem GCC eine enge Union zu machen.

Im Oman fanden die US-iranischen Geheimgespräche statt, die erst zu einer Wiederaufnahme der Atomverhandlungen vergangenen Herbst führten. Und im Oman gab es auch vor kurzem wieder ein US-iranisches Privatissimum, das den Durchbruch bringen sollte. Der blieb dann allerdings aus, und seitdem gilt es, eher den Zusammenbruch zu verhindern.

Den will niemand, und schon gar nicht der außenpolitisch wenig erfolgreiche US-Präsident Barack Obama. Er verspricht sich von einer Streitbeilegung, dass sie das Verhältnis des Iran zum Westen nachhaltig verändern könnte - genau das fürchtet Saudi-Arabien, seit der Islamischen Revolution 1979 der große strategische Partner der USA am Persischen Golf. Der deutlich erkennbare US-Wunsch hat zwei Folgen: erstens dass die Iraner hoch pokern; und zweitens, dass ein Interimsabkommen für jene Länder, die gegen einen Deal sind, beinahe schon ein Wunschergebnis ist, auf alle Fälle besser als ein Abschluss.

Kein "schlechter Deal"

Im Jänner wird es einen in seiner Gesamtheit von den Republikanern dominierten Kongress geben. Das sehen die Gegner als Versicherung gegen einen, wie sie es nennen, "schlechten Deal" an. Aber Obama wird von der Aussicht auf diesen Kongress angetrieben. Und die Iraner sind besorgt, dass sie etwas zustimmen könnten, das später vom Vertragspartner nicht eingehalten wird, sagt ein früherer iranischer Minister zum STANDARD.

Gegner hat das Abkommen aber auch im Iran zuhauf. Eine Verständigung mit den USA kommt für die Hardliner einer Aufgabe von revolutionären Werten gleich. Khamenei unterstützt Rohani, hält aber gleichzeitig die Ideologen bei der Stange. Die Forderung an Zarif ist, nichts von den Rechten des Iran auf eine Nutzung der Atomenergie aufzugeben. Die internationalen Verhandler hingegen haben sich die Aufgabe gesetzt sicherzustellen, dass der Iran immer eine kalkulierbare Zeit davon entfernt bleibt, genug angereichertes Material für eine Atombombe zu besitzen. Der Deal muss gut genug für den US-Kongress und schlecht genug für die Hardliner im Iran sein. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 21.11.2014)