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Die Industriellenvereinigung will das letzte Kindergartenjahr mit dem ersten Schuljahr verschränken.

Foto: APA/dpa-Zentralbild

Wien - Mit ihrem Bildungskonzept für eine bessere Schule hat sich die Industriellenvereinigung nicht nur Freunde gemacht. Wie berichtet schlägt sie eine gemeinsame Schule im Alter zwischen fünf und 14 Jahren vor, der Unterricht soll ganztägig zwischen 8.30 und 15.30 Uhr stattfinden.

Für die Elementarpädagogen der Plattform Educare ist das vorgeschlagene Schulstartjahr im Alter von fünf ein Griff in die "bildungspolitische Mottenkiste". Educare-Koordinatorin Heide Lex-Nalis hält die Schule für den falschen Ort für Kinder dieses Alters. "Sie brauchen sehr viel Freiheit im Denken. Sie sollen neugierig sein und nachfragen und nicht Wissen vorgesetzt bekommen", sagt sie im STANDARD-Gespräch.

Christian Friesl, Bereichsleiter für Bildung in der Industriellenvereinigung, beruhigt. Es sei vorgesehen, das letzte Kindergartenjahr mit der Schule räumlich, persönlich und inhaltlich zu verschränken, um den Übergang möglichst fließend zu gestalten. "Wo das stattfindet, ist noch nicht festgelegt. Das kann zur Gänze in der Schule oder zur Gänze im Kindergarten sein." Details sollen in einem eigenen Konzept zur Elementarpädagogik folgen.

Vorbild Schweiz

Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Uni Wien sieht die Reformvorschläge positiv. "Wir können es uns nicht leisten, so viele Kinder zurückzulassen, wie wir es derzeit tun", sagt sie zum STANDARD. Details des Konzepts müssten aber erst ausgearbeitet werden. Bezüglich des Übergangs vom Kindergarten zur Schule nennt sie als Vorbild die Schweiz, wo Kinder in manchen Kantonen im Alter von fünf bis sieben Jahren langsam zum Schuleintritt hingeführt werden.

ÖVP zurückhaltend

Die ÖVP, die sich immer gegen die gemeinsame Schule ausgesprochen hat, sagt nicht viel zu den Ideen der Industriellenvereinigung. Bildungssprecherin Brigitte Jank begrüßt in einer Stellungnahme für den STANDARD "alle Vorschläge, die zum Thema Bildung kommen, weil es ein extrem wichtiges Thema ist und mittlerweile Verunsicherung bei Eltern, Schülern und Lehrern herrscht". Es sei daher klug, die Dinge in der Bildungsreformkommission offen und vorurteilsfrei zu besprechen und damit zu einem Ergebnis zu kommen. Auch ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer hat am Montag lediglich verkündet, die Vorschläge "weltoffen und ideologiefrei" diskutieren zu wollen.

Kein automatisches Nein kommt von Parteichef Reinhold Mitterlehner: "Wir werden uns das genau anschauen, diskutieren und Vorschläge daraus erarbeiten." Die Regierung wolle die Bildungsreform bis März auf Schiene bringen. Bis April sieht Mitterlehner ein "Fenster für Lösungen", dann kommen die Landtagswahlen im Burgenland, in Oberösterreich, der Steiermark und Wien.

Heinisch-Hosek skeptisch

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) begrüßt, dass die Industriellenvereinigung wie sie für eine ganztägige gemeinsame Schule eintritt. Skeptisch steht sie allerdings dem Vorschlag gegenüber, dass die Trennung in öffentliche und private Schulen aufgelöst werden soll. Schulträger könnte dann jeder sein, der die Qualitätsauflagen erfüllt. Damit würde auch eine personelle und finanzielle Unabhängigkeit von Schulen einhergehen, sagt Heinisch-Hosek. (koli, DER STANDARD, 20.11.2014)