Washington - Die Republikaner haben im US-Senat die von Präsident Barack Obama versprochene Geheimdienstreform blockiert. Bei einer Verfahrensabstimmung kam am Dienstagabend nicht die notwendige Mehrheit von 60 der 100 Senatoren zustande, um die Debatte über das Gesetz zu eröffnen. Nur 58 mehrheitlich demokratische Senatoren stimmten dafür.

Damit ist eine Reform des durch den früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden enthüllten Überwachungsapparats frühestens im kommenden Jahr möglich, wenn der neu gewählte Kongress zusammentritt. Der sogenannte USA Freedom Act sollte den nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassenen Patriot Act überarbeiten, der den Geheimdiensten im Kampf gegen den Terrorismus weitreichende Möglichkeiten eingeräumt hatte. So sollte die massenhafte Sammlung von US-Telefonverbindungsdaten durch die NSA beendet werden. Das Repräsentantenhaus hatte im Mai für ein derartiges Gesetz gestimmt.

Dennoch haben vor allem Republikaner am Dienstag das Vorhaben des demokratischen Senators Patrick Leahy blockiert. Sie argumentierten, die USA könnten bei einer Verabschiedung nicht mehr ausreichend vor Terroranschlägen beschützt werden.

IT-Branche war für Gesetz

Neben Datenschützern hatte sich auch die IT-Branche für das neue Gesetz starkgemacht. US-Unternehmen hätten aufgrund der Angst vor Spionage bereits Verträge in Millionenhöhe verloren, hatte der Präsident der Consumer Electronics Association (CEA), Gary Shapiro, vergangene Woche in einem Brief an alle Senatoren geschrieben. Zu dem 2.000 Mitglieder zählenden Branchenverband gehören auch die Schwergewichte Apple, Google und Microsoft.

Die Snowden-Dokumente brachten seit Juni 2013 die massiven Überwachungsprogramme der NSA ans Licht. Der Geheimdienst späht demnach nicht nur im großen Stil die Telefon- und Internetkommunikation von Menschen rund um die Welt aus, sondern nahm über Jahre auch Spitzenpolitiker befreundeter Staaten wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Visier. An den NSA-Aktivitäten im Ausland hätte der USA Freedom Act nichts geändert.

Umstrittene Ölpipeline blockiert

Gleichzeitig ist der Bau der umstrittenen Keystone-XL-Pipeline, die aus Teersand gewonnenes Öl von Kanada zur Golfküste in Texas pumpen soll, vorerst gescheitert. Am Ende fehlte bei der Abstimmung eine Stimme, um die erforderliche Mehrheit zu erreichen. Obama wurde damit vor der schwierigen Entscheidung bewahrt, von seinem Vetorecht Gebrauch zu machen und die Pläne zu stoppen. Das von Republikanern dominierte Repräsentantenhaus hatte in der vergangenen Woche klar für das Gesetz gestimmt.

Symbolisches Streitthema

Im Senat stimmten nach sechsstündiger, teils emotionaler Debatte 45 Republikaner für das von Umweltschützern kritisierte Pipelineprojekt, ihnen schlossen sich 14 Demokraten an. Auf demokratischer Seite hatte vor allem Louisianas Senatorin Mary Landrieu für das Vorhaben geworben. Sie muss in einer Stichwahl Anfang Dezember um ihr Mandat zittern und hatte auf politischen Rückenwind durch ein Votum für Keystone XL gehofft. Die Pipeline ist für die Ölindustrie Louisianas von großer Bedeutung.

Das Keystone-Projekt ist seit Jahren ein symbolisches Streitthema in Washington. Die Republikaner sehen Obamas Widerstand gegen das Vorhaben als Paradebeispiel dafür, dass die Umwelt- und Klimapolitik des Präsidenten und seiner Demokraten das Wirtschaftswachstum hemmt und Arbeitsplätze kostet. "Die Demokraten im Senat stehen wieder einmal einem baufertigen Jobprojekt im Weg, das tausenden Amerikanern helfen würde, Arbeit zu finden", sagte der Sprecher der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, nach der Abstimmung.

McConnell kündigte einen neuen Vorstoß für Keystone XL an, sobald der neue Kongress im Jänner zusammentritt. Die Demokraten hatten bei der Wahl vor zwei Wochen ihre Mehrheit im Senat verloren. "Ich freue mich darauf, wenn die neue republikanische Mehrheit das Keystone-Jobgesetz Anfang des neuen Jahres aufgreift und verabschiedet", sagte McConnell.

Umweltschützer warnten

Die Pipeline soll Öl von den Teersandvorkommen in der kanadischen Provinz Alberta über 1.900 Kilometer bis zu den Raffinerien im US-Bundesstaat Texas führen. Umweltschützer warnen unter anderem vor katastrophalen Folgen von Lecks. Sie monieren außerdem, dass bei dem komplizierten Verfahren zur Ölgewinnung aus Teersand zu viel Treibhausgase freigesetzt werden.

Obama hatte das Projekt im Jahr 2012 zunächst gestoppt. Im Juni vergangenen Jahres machte er seine Zustimmung von den Klimafolgen abhängig – der Bau sei nur dann im nationalen Interesse, "wenn das Projekt das Problem der CO2-Verschmutzung nicht deutlich verschärft", sagte er damals. Zuletzt hatte er mehrfach angedeutet, dass er sein Veto gegen ein Gesetz zum Bau von Keystone XL einlegen würde. (APA, 19.11.2014)