Die Forerunner 920 ist das Spitzenmodell von Garmin (ganz oben), darunter die TomTom Cardio, die den Puls am Handgelenk misst. Die Ft4m ist das Einsteigermodell von Polar. Sie misst nur Puls und Zeit. Die Suunto Ambit3 Sport (ganz unten) ist eine GPS-Uhr mit optionaler Herzfrequenzmessung und Mobilfunkverbindung.

Foto: Hersteller

Weniger ist nicht mehr - aber genug. Nur: Wer will das hören? Ein Verkäufer, der Kunden das sagt, macht sich unbeliebt: Im Geschäft steht das Spaceshuttle - aber der Typ will mir ein Dreirad verkaufen? Frechheit!

Das gilt auch bei Laufuhren und Outdoortrackern: Den Großteil von dem, was Spitzengeräte können, brauchen Durchschnittsuser nicht. Falls doch, sind sie längst Experten: Bei denen (etwa der unangefochtenen Autorität der Szene, dem US-Blogger DC Rainmaker) fragen Verkäufer, was das Ding eigentlich noch kann.

Sportuhren sind wie Autos: Man kauft Potenziale. Die teuren Teile können Leistungen dokumentieren und (könnten) helfen, Ziele zu erreichen, von denen 90 Prozent ihrer Besitzer nicht einmal träumen.

Denn: Drei von vier Hobbyläufern laufen kürzer als eine Stunde - aber das GPS soll 120 Stunden aufzeichnen können. Mancher Wanderer wird nervös, wenn er nicht bis zur übernächsten Wegmarkierung sieht. Die "lead me back home"-Funktion der Outdoor-Uhr aber ist ein "must". So wie der Fallschirmsprung-Schirmauslöse-Warnmodus. Oder die Downhill-Option, die Skiabfahrt-Höhenmeter kumuliert.

Darum ist "Welche Uhr brauche ich?" oft die falsche Frage. Meist reicht das Basismodell. Nur: Das Dreirad macht weniger Spaß als das Spaceshuttle.

Drei Datenquellen

Grundsätzlich arbeiten Trainingsuhren und -tracker mit drei Datenquellen: Uhrzeit, GPS und Puls. Elaboriertere Geräte haben barometrische Höhenmesser, können sich mit Tools verständigen, die Radreifen- oder Tretkurbelumdrehungen messen. Manche haben Trägheitssensoren, die Schwimmzüge zählen. Teurere Uhren können unter Wasser Pulsdaten empfangen - es sei denn, der Wasserdruck schiebt den Brustgurt zur Hüfte. Andere lassen sich Golfplatzkarten laden: Sie zeigen Richtung und Entfernung zum nächsten Hole. Und so weiter ...

Die Frage nach der "richtigen" Marke der "richtigen" Uhr kann Freundschaften zerstören. Garmin, Polar oder Suunto? Das ist wie: "BMW, Audi oder Mercedes?" Sympathie und Prägung werden zu Qualitätsmerkmalen stilisiert, Handling-Unterschiede der "falschen" Marke als Fehler erlebt. Tatsächlich sind Features und Performance aber ähnlich. Im jeweiligen Segment halt - vom Einsteiger bis zum Profigerät.

Ein "Standalone" gibt es: Der Navi-Macher TomTom brachte im Frühjahr eine Uhr heraus, die den Puls am Handgelenk misst. Präzise - solange man keine eiskalten Finger hat. Eine "Frauenuhr": Pulsgurt und Sport-BH vertragen sich nicht immer gut. Da Tomtom auf den Normalo-Markt zielt, fehlen der Uhr High-End-Mätzchen - prompt tun Garmin, Polar & Suunto so, als interessiere sie "ohne Gurt" nicht. Das Gegenteil stimmt. Wegen Apple: Die Apple Watch ist ab dem Frühjahr im Handel - auch sie misst an der Hand. Da wird es am Markt Granada spielen.

Gratis-Apps

Obwohl: Das tut es eh schon. Weil zahllose Fitness-(Gratis-)Apps Zeit und Strecke tracken. Viele lassen sich mit Bluetooth-Pulsgurten sogar aufmotzen. Ihr Nachteil: Outdoor ist oft nass. Und Handy-Akkus sind rasch leer. Letzteres störe, heißt es bei der Fitness-App "Runtastic", aber "nur die, die beim Training ohnehin Profi-Sportuhren tragen."

Wirtschaftlich relevant ist die Masse: Für die erweitern Runtastic & Co laufend ihr Portfolio. Von der Bauchtrainings-App bis zur Waage, die Gewichtsschwankungen ins Trainingsprofil lädt. So wird "Activitytracking" ganzheitlich.

Activitytracking war 2014 das große Ding am E-Fitnessmarkt: A-Tracker messen Schritte, Sitz- und Schlafminuten. Auch bei Nichtsportlern. Sie loben - und warnen. Etwa wenn man zu lange sitzt.

Gemessen wird über Trägheitssensoren - im Smartphone oder in Armbändern und Clips. Nike, Samsung und Sony sind groß im Geschäft. Aber auch Garmin, Polar und Suunto: Die Uhrenbauer implementieren Activitytracker zwar auch in ihre Uhren, gemessen wird beim Activitytracking aber nur der Couchpotatoe-Faktor. Und zwar, ob man will oder nicht. Auch deshalb ist "Welches Gerät brauche ich?" die falsche Frage. Die Richtige lautet: "Will ich es überhaupt wissen?"

Die Forerunner 920 ist das Spitzenmodell von Garmin (ganz oben), darunter die TomTom Cardio, die den Puls am Handgelenk misst. Die Ft4m ist das Einsteigermodell von Polar. Sie misst nur Puls und Zeit. Die Suunto Ambit3 Sport (ganz unten) ist eine GPS-Uhr mit optionaler Herzfrequenzmessung und Mobilfunkverbindung. (Thomas Rottenberg, Rondo digital, DER STANDARD, 20.11.2014)