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Der irakische Präsident Fuad Massum, ein Kurde, und der Präsident der Kurdischen Regionalregierung, Masud Barzani, in Erbil.

Foto: Reuters/Lashkari

Bagdad/Wien - Die neue irakische Regierung von Premier Haidar al-Abadi hat erste Erfolge aufzuweisen, was die versprochene Beilegung innerirakischer politischer Konflikte betrifft. Beim Budget- und Ölstreit mit der kurdischen Regionalregierung in Erbil wurde am Mittwoch ein Durchbruch erzielt. Zwar fehlt noch eine Langzeiteinigung - und das wird nicht leicht -, aber die Gefahr, dass die Kurden aus der vor kurzem gebildeten Regierung in Bagdad wieder aussteigen, dürfte schwinden. Erbil hatte Bagdad eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Bagdad hatte vor Monaten die Budgetzahlungen an die Kurdenregierung gestrichen, die daraufhin in Finanznöte geriet. Aus der Sicht Bagdads hatten die Kurden ihre Rechte bei Management, Verkauf und Export des von ihnen geförderten Öls überschritten. Der Irak hat noch immer kein nationales Ölgesetz.

Für Oktober und November soll Bagdad an Erbil nun eineinhalb Milliarden Dollar nachzahlen und bekommt dafür 150.000 Barrel pro Tag. Zwei Faktoren haben die Verhandlungen entscheidend erleichtert: Ölminister Adel Abdul Mahdi, von 2005 bis 2011 schiitischer Vizepräsident, genießt viel mehr Vertrauen bei den Kurden als sein Vorgänger Hussein al-Shahristani, der als Vizepremier unter dem ungeliebten Premier Nuri al-Maliki die Ölgeschäfte führte. Und der neue Finanzminister in Bagdad ist der langjährige kurdische Außenminister Hoshyar Zebari.

Irakische Besuchsdiplomatie

Maliki ist jetzt Vizepräsident, als solcher wurde er soeben im Iran von allerhöchsten Stellen empfangen - und für seine frühere Regierungsführung gepriesen, ganz anders als von der höchsten schiitischen Autorität im Irak, Ayatollah Ali Sistani. Sistani soll auch bei der Initiative der irakischen Regierung eine Rolle spielen, die Beziehungen zu Saudi-Arabien zu verbessern. Präsident Fuad Massum, ein Kurde, absolvierte diese Woche einen vielbeachteten Besuch beim saudischen König Abdullah, der bei dieser Gelegenheit Sistani für sein Bemühen um die irakische Einheit pries. Sistani hatte zuletzt indirekt schiitische Milizen kritisiert, die gegen Sunniten in den von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) befreiten Gebieten vorgehen.

Die irakisch-saudischen Beziehungen waren unter Maliki auf einem Tiefpunkt. Der saudische Einfluss auf die irakischen Sunniten wird als entscheidend betrachtet, um sie doch noch beim entfremdeten Staat zu halten. Die IS konnte ja nur deshalb so große Erfolge erzielen, weil ein Teil der irakischen Sunniten mit ihr kooperiert. Abadi hat auch wichtige Revirements in der irakischen Armee umgesetzt, die das Vertrauen wieder herstellen sollen.

Aber auch das saudische Regime setzte ein versöhnliches Zeichen: Innenminister Mohammed bin Nayef - einer der wichtigsten Prinzen im Königreich - besuchte in al-Dalwa in den saudischen Schiitengebieten Opfer sunnitischen Terrors und ein schiitisches Zentrum. Beim schiitischen Ashura-Fest waren acht Schiiten, darunter Kinder, bei einer Terrorattacke getötet worden.

Für den irakischen Außenminister Ibrahim al-Jafar, einen früheren schiitischen Premier, ist indes der sunnitisch-schiitische Konflikt eine Erfindung westlicher Medien. Das sagte er vorige Woche bei seinem Besuch in Ankara in einem Vortrag. Der Eindruck, den Jafari hinterließ, wurde von politischen Beobachtern als schlecht bezeichnet. Jafari reiste zwar mit Massum auch nach Saudi-Arabien, aber auch dort ist er unbeliebt. Seine Ernennung zum Außenminister wird als Zeichen an Teheran gedeutet: Die ganze irakische Regierung ist ein Kompromiss zwischen den Gruppen und ihren Protektoren.

IS muss einstecken

Die IS, deren verwundet oder sogar tot geglaubter Führer Abu Bakr al-Baghdadi sich in einem - noch nicht authentifizierten - Tonband zu Wort meldete, musste zuletzt im Irak Rückschläge einstecken. So ist sie in der Stadt Baiji in der Defensive, einem wichtigen strategischen Knotenpunkt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 15.11.2014)