Unzureichende Sanitäranlagen töten mehr Menschen als Kriege und Naturkatastrophen. Projekte wie "Ventilated improved pit toilets" retten Leben

Welttoilettentag – das klingt wie ein zweckdienlicher Anlass für Kalauer, hat aber einen ernsten Hintergrund. Denn der jährliche Aktionstag am 19. November soll darauf hinweisen, dass fast jeder dritte Mensch keinen Zugang zu adäquaten Toilettensystemen hat.

Tatsächlich sind auf der Erde heute mehr Mobiltelefone im Einsatz als Toiletten, die diese Bezeichnung auch verdienen. Mehr als 2,5 Milliarden Menschen verrichten ihre Notdurft im Freien, was vor allem in den dichtbesiedelten Gegenden der Entwicklungsregionen zum Problem wird.

Die kumulierten Fäkalien bieten eine ideale Niststätte für Insekten wie Fliegen und Mücken, die auf diesem Weg oft tödliche Krankheiten verbreiten. Daran sterben regelmäßig mehr Menschen als durch Kriege und Naturkatastrophen zusammen, allzu oft trifft es Kinder.

Seit heuer offizieller UN-Aktionstag

Um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen und dem Thema den Tabustatus zu nehmen, hat die Welttoilettenorganisation (WTO) 2001 den Welttoilettentag ins Leben gerufen; bei der 67. Generalversammlung der Vereinten Nationen im diesjährigen Februar in Singapur wurde er zum offiziellen UN-Aktionstag gekürt.

Das Bewusstsein soll auf neue und innovative Projekte gelenkt werden, die zur Problemlösung beitragen. Denn das etablierte Konzept Wasserklosett, das bei uns die Regel ist, kann nicht eins zu eins in alle Welt übertragen werden. Auch wenn es uns selbstverständlich ist, ist in trockeneren Gegenden jeder einzelne Tropfen Wasser zu wertvoll, um ihn mit der Hinterlassenschaft hinunterzuspülen. Oft sind Pump- und Abwassersysteme auch einfach zu teuer.

Ein solches alternatives Projekt sind VIP-Toiletten, ein Akronym für "Ventilated improved pit"-Toiletten, also belüftete und verbesserte Grubentoiletten – umgangssprachlich Plumpsklos. Die Entwicklungshilfe-Organisation World Vision errichtet solche relativ leicht zu installierenden Anlagen derzeit in mehreren Ländern.

Im Bild sind mehrere solcher Toiletten in Muluk, Papua-Neuguinea, zu sehen.

Foto: World Vision

Wie bei herkömmlichen Plumpsklos versickern die Fäkalien bei VIP-Toiletten im Boden, oder die Auffanggruben werden regelmäßig geleert. Zusätzlich sind sie mit einem Rohrsystem versehen, das zur Luftzirkulation beiträgt und die eigentliche Verbesserung der Hygienesituation bewirkt.

Im Bild sind VIP-Toiletten in Fiama im von Ebola stark betroffenen afrikanischen Staat Sierra Leone zu sehen.

Foto: World Vision

Die ins Freie führenden Rohre funktionieren wie ein Rauchfang und führen die Gerüche nach außen. Wichtiger ist aber ihr Effekt auf die Insekten. Von den Fäkalien angelockte Mücken oder Fliegen und ihr Nachwuchs, der aus im Schlamm abgelegten Eiern schlüpft, strebt zur hellsten Lichtquelle. Das ist die Öffnung des Rohres.

Das Bild zeigt eine VIP-Toilette in Tin Gote Kyi, Myanmar, bei der die Ausscheidungen nicht direkt in die Latrine fallen, sondern ebenfalls über ein Rohrsystem abgeführt werden.

Foto: World Vision

Das Rohrende ist mit einem engmaschigen Drahtgitter abgeschlossen, sodass die Insekten zurück in die Grube gezwungen werden, wo sie verenden.

Auf diese Weise wird die Verteilung von Erregern minimiert, der Zahl der Infektionserkrankungen vermindert – und eine Vielzahl an Leben gerettet. (red, derStandard.at, 14.11.2014)

Im Bild eine VIP-Toilettenanlage in einem Flüchtlingslager in Azraq, Jordanien.

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Foto: World Vision