Am Mittwoch, kurz vor Landung des Weltraumlabors Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, wurden noch schnell Interna aus einer Klausur der österreichischen Bundesregierung ausgeschickt. Infrastrukturminister Alois Stöger, der für Weltraumbelange zuständig ist, wird regierungsintern "All-ois" genannt, seit er seinen Ministerkollegen die Mission Rosetta und die Beteiligung österreichischer Wissenschafter daran vorstellte - offenbar mit Begeisterung. Kurz nach der erfolgreichen Landung meldete sich auch Neos-Politiker Niko Alm zu Wort, diesmal als "Weltraumsprecher", und lobte die Innovationen aus Österreich, die an Bord von Rosetta und Philae sind und Messungen am Kometen durchführen werden.

Natürlich darf man auf derartige Leistungen hinweisen, die Wissenschafter vom Grazer Institut für Weltraumforschung - und nicht nur sie - haben viel Know-how eingebracht. Ein Nickname wie "All-ois" oder eine Berufsbezeichnung wie "Weltraumsprecher" müssen aber nicht sein. Wenn man dazu die peinliche Schlagzeile des Portals oe24.at liest, "Austro-Sonde Philae sucht nach E.T.", ergibt sich ein Bild kläglicher Selbstüberschätzung - was in Österreich nicht gerade selten vorzufinden ist.

Die Landung auf dem Kometen mit dem Spitznamen "Tschuri" war natürlich eine gesamteuropäische Leistung. Obwohl Philae nur einen geringen Anteil der wissenschaftlichen Messungen durchführt, wäre es doch jammerschade gewesen, wenn genau dieser Anteil durch eine Bruchlandung nicht möglich gewesen wäre: Philae nimmt Proben vom Kometen, in dem man die Urbausteine des Sonnensystems vermutet. Damit sollte man der Antwort auf eine derzeit oft gestellte Frage näher kommen: Woher kommen wir eigentlich?

Außerdem ist nun eine Entdeckungsreise, die allein der Wissenschaft dient, ohne gröbere Zwischenfälle an ihrem Zielort angekommen. Durch diese Mischung aus publikumswirksam inszeniertem Abenteuer und Forschung darf man sich doch mehr Interesse an den Wissenschaften erhoffen.

In Österreich ist man ja laut Eurobarometer-Umfrage besonders wissenschaftsskeptisch. Immer wieder taucht die Frage auf: Wem nützt es? Hätte man die 1,4 Milliarden Euro, die die Mission kostet, nicht besser zur Heilung von Krankheiten nützen sollen? Diese emotionale Sicht der Dinge mag nachvollziehbar sein, sie entspricht aber nicht der Logik der Budgetverteilung. Hätte sich Europa Rosetta nicht geleistet, dann wäre das Geld nicht automatisch in ein Projekt nach Wunsch der Öffentlichkeit geflossen.

Abgesehen davon muss mit allem Pathos gesagt werden: Die Mission dient dem Wissensgewinn. Der Mensch strebt danach, das sagte schon Aristoteles. Und ohne diesen unendlichen Drang wäre er bis heute wohl in seiner Entwicklung nicht sehr weit gekommen. Von Feuer bis zur Lokomotive oder zum Telefon und zum Internet - all das ist durch Neugier entstanden.

Die Rosetta-Mission kostet viel Geld. Allen, die das kritisieren, sei folgende Rechnung vor Augen geführt: Das österreichische Hypo-Debakel kostet 19 Milliarden Euro. Da wären sich locker 13 Missionen dieser Art ausgegangen. Das sei auch einigen der heimischen Politiker, die sich jetzt gerne ins Rosetta-Rampenlicht stellen, ins Stammbuch geschrieben. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 14.11.2014)