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Am zweiten Jahrestag des Massakers kamen in Marikana hunderte Menschen zusammen und gedachten der Opfer. Der Abschlussbericht der Untersuchungskommission wird mit Spannung erwartet.

Foto: APA/IHSAAN HAFFEJEE

Familienangehörige durchlebten die tragischen Ereignisse in Marikana noch einmal. Mehr als zwei Jahre lang dauerten die Anhörungen der "Farlam-Kommission". Zuschauer sahen Nervenzusammenbrüche von Opfern und Verwandten vor laufenden Kameras. Anwälte durchforsteten Berichte, hörten Zeugen und befragten Opfer und Täter nach dem Polizeimassaker im August 2012 auf dem Hügel bei Marikana.

Jene Momente, in denen Frauen und Männer aus der armen Bergbaugemeinde in den Befragungen weinten und die Hände vor ihre Augen legten, erinnerten an die traumatischen Anhörungen der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission Ende der 1990er-Jahre. Die Aussagen der Zeugen ließen in den Südafrikanern wieder Bilder brutaler Morde des Apartheidregimes aufscheinen. Der Wahrheit näher gekommen ist die Kommission durch diese Anhörungen aber nur bedingt.

Denn die Bosse der südafrikanischen Polizisten mauern bis zum Schluss, ihre Erinnerungen an den Hergang der Auseinandersetzung an dem fatalen Tag des 16. August vor zwei Jahren sind äußerst lückenhaft.

Ohne Warnung erschossen

Damals waren 34 streikende Bergarbeiter durch Polizeikugeln ums Leben gekommen. Es starben insgesamt 44 Menschen, mehr als 70 wurden verwundet und 250 verhaftet. Doch die Polizisten, die in einem angespannten politischen Klima die mit Macheten und Stöcken protestierenden Kumpel am Platinwerk Lonmin bei Rustenburg ohne Warnungen erschossen, waren schwarz: Sie töteten ihre eigenen Leute - ein historischer Tiefpunkt im Post-Apartheid-Südafrika.

Wenn die Kommission heute, Freitag, zum letzten Mal tagt, geht zwar ein wichtiges Kapitel in der Wahrheitssuche zu Ende, Verantwortliche bleiben möglicherweise dennoch unbehelligt.

Die von Präsident Jacob Zuma beauftragte Kommission wird ihm im März ihren Bericht vorlegen. Unter Vorsitz des pensionierten Richters Ian Farlam wurde versucht, Klarheit zu schaffen. Etwa darüber, warum die Polizei Leichenwagen bestellt hatte, bevor sie auf die Bergleute schoss.

Polizeichefin Riah Phiyega ist eine Schlüsselperson in Bezug auf Fragen über den mutmaßlichen politischen Druck und die Tötungen durch die Polizeibeamten - die behaupten, sich gegen die aggressive Masse verteidigt zu haben. In ihrer letzten Anhörung im September schwieg Phiyega oft. An Einzelheiten eines Sondertreffens des Polizeimanagements am Tag vor dem tödlichen Geschehen konnte sie sich nicht erinnern. Dort wurde der Ausführungsplan besprochen, wovon die Kommission nur zufällig erfuhr. Phiyega machte bei den Anhörungen einen wenig glaubwürdigen Eindruck und kooperierte nicht.

Politische Verwicklungen

Dali Mpofu, Anwalt im Auftrag der Opfer, ließ nicht locker. Die Verwicklungen des jetzigen Vizepräsidenten Cyril Ramaphosa liegen für ihn auf der Hand. Laut Mpofu soll er strafrechtlich verfolgt werden. Aus E-Mails geht hervor, dass Ramaphosa als damaliges Mitglied im Lonmin-Aufsichtsrat die Entscheidung mitgetragen hatte, die streikenden Kumpel zu ignorieren. Ramaphosas Eingreifen in den illegalen Streik sei von Hintergedanken geleitet gewesen. Der Vizepräsident sagte in der Anhörung, er habe aber nicht vorgeschrieben, wie die Polizei den Streik beenden soll: "Ich fühlte mich verpflichtet, zu helfen und zwischen den Autoritäten zu vermitteln." (Martina Schwikowski aus Johannesburg/DER STANDARD, 14.11.2014)