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Hannah Lessing, Geschäftsführerin des Nationalfonds.

Foto: APA/rubra

Die Gründungsaufgaben waren klar definiert: Betreuung der Opfer, symbolische Gestezahlung und Projekte. Längst sind neue Arbeitsfelder dazugekommen, an der Ausrichtung des 1995 gegründeten Nationalfonds der Republik für die Opfer des Nationalsozialismus hat sich aber wenig geändert.

"Von den 30.000 Menschen, die wir anfangs betreut haben, sind mittlerweile viele verstorben - weltweit leben aber wohl noch 12.000. In Israel sind es etwa 2000 NS-Opfer, die aus Österreich stammen", sagt Generalsekretärin Hannah Lessing im Standard-Gespräch. Klar sei: "Solange es einen einzigen Holocaustüberlebenden gibt, der Hilfe braucht, muss es eine Anlaufstelle geben."

NS-Opfer haben vom Nationalfonds (derzeit 20 Mitarbeiter) die sogenannte Gestezahlung, rund 5000 Euro, erhalten. Wer als sozial bedürftig eingestuft wurde, konnte diese bis zu dreimal bekommen. Geholfen wird bei Pensionsanträgen oder beim Pflegegeld. Gab es einen Vermögensverlust - und den hatten die meisten - wurden auch Zahlungen aus dem im Jahr 2001 eingerichteten Entschädigungsfonds abgewickelt. Eine Aufgabe, die bald wegfällt. Laut Gesetz soll der Fonds (wie auch die Schiedsinstanz für Naturalrestitution) bis 2018 abgebaut werden. Von den 150 Mitarbeitern zu Spitzenzeiten sind jetzt 30 übrig.

Seniorenclubs

Geld gibt es auch für Initiativen: Circa eine Million Euro pro Jahr fließen in Sozial- und Bildungsprojekte. In Israel werden drei Seniorenklubs betrieben - mit Angeboten wie Essen auf Rädern oder Deutschkursen.

Zwei Aufgaben sind dazugekommen: die Neugestaltung der österreichischen Ausstellung im ehemaligen KZ Auschwitz und die Verwaltung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe. Letztere ist ein schwieriges Unterfangen, da die Gemeinden sich in einer Vereinbarung verpflichten müssen, über Jahre die Pflege zu übernehmen. Immerhin: "Die wesentlichen Städte und Orte haben unterschrieben", sagt der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant. Probleme bereitet das Genehmigungsverfahren durch den Nationalfonds. Es sei bürokratisch und viel zu kostenintensiv, klagt Muzicant. Die IKG ringt seit längerem um eine Lösung - gehofft wird auf eine Einigung noch im November.

850 Laufmeter Akten

Keinen Zwist gibt es um ein anderes Betätigungsfeld, das fondseigene Archiv. Rund 40.000 Personenakten lagern in den Räumlichkeiten in der Wiener Kirchberggasse, andere Teile auch im Palais Epstein - insgesamt sind es rund 850 Laufmeter Akten. "Solange sie bearbeitet werden, sind die Akten nicht öffentlich zugänglich", verweist Fonds-Generalsekretärin Lessing auf Datenschutzbestimmungen. Aber, sagt sie: "Es ist ein Schatz, der unbedingt aufgearbeitet werden muss. Ich bin sicher keine, die sagt: Niemand darf da ran!"

Ob das Archiv später etwa ins Staatsarchiv übergeführt werden soll? Lessing: "Wenn, würden wir das gerne selbst aufbereiten. Das wäre einer meiner Zukunftswünsche." Schließlich habe man auch die vergangenen zwanzig Jahre damit gearbeitet. Entschieden ist das allerdings noch nicht. (Peter Mayr, DER STANDARD, 14.11.2014)