Wien - Die Krise der Jahre 2008 und 2009 hat die Wirtschaft verändert, auch für große und international agierende Unternehmen. Auch für sie wird die Welt komplizierter. Globale Wertschöpfungsketten leiden unter Finanz-, Sicherheits- und politischen Krisen. Gemeinsam mit steigenden Transportkosten könnte das zu einem Umdenken führen und die globalen Netzwerke verändern.
Wirtschaftsforscher der FH des bfi Wien untersuchen im Rahmen eines von der Stadt Wien geförderten Projekts, welche Konsequenzen derartige Entwicklungen auf den Wirtschaftsstandort Wien haben. Konkret werden Niederlassungen multinationaler Konzerne mit Headquarterfunktion ins Auge gefasst. Während die mittel- und osteuropäischen Länder, traditionell ein Fokus des Standorts Wien, Wachstum verlieren, gelten die Bric-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) sowie die Türkei als Zukunftsmärkte.
Im fünfjährigen Projekt "Nachhaltige sozioökonomische Handlungs- und Entwicklungsperspektiven im Hinblick auf den Headquarterstandort Wien" wollen Fachhochschulrektor Andreas Breinbauer und seine Kollegen eine Methodik entwickeln, mit der sich die Bundeshauptstadt unter den sich verändernden globalen Bedingungen behaupten kann.
Auf zu neuen Märkten
Die Auswirkungen dieser makroökonomischen Rahmenbedingungen auf multinationale Unternehmen sowie bestehende Konzernhauptquartiere in Wien werden untersucht. Kriterien für eine nachhaltige, also ökonomisch, ökologisch und sozial langfristig sinnvolle Entwicklung des Headquarterstandorts Wien sollen abgeleitet werden. Solche Kriterien können etwa im Vorhandensein sozialer Netzwerke, Bildungsstandards oder in der gesellschaftlichen Struktur der Stadt liegen. In weiterer Folge sollen Unternehmen, die zum Standort passen, in neuen Märkten wie der Schwarzmeerregion, China, Indien und Lateinamerika identifiziert werden.
Welche Unternehmen und Branchen sind zukunftsträchtig, aber in Österreich noch wenig vertreten? Welche Alleinstellungsmerkmale hat Wien und wie stark wirken sie sich auf die Standortwahl aus? - Diese Fragen wollen die Forscher im Rahmen des Projekts beantworten.
Schließlich sollen Empfehlungen abgegeben werden, in welchen Bereichen Wien seine Position "nachschärfen" kann, um eine sozioökonomisch nachhaltige Entwicklung für den Raum zu gewährleisten. Aus der Verknüpfung des Nachhaltigkeitsbegriffs mit der Standortwahl für Konzernhauptquartiere soll eine Methodik resultieren, die dann auch auf andere Städte weltweit umgelegt werden kann. (pum, DER STANDARD, 12.11.2014)