Es geht auch anders: Lichtschalter "TS Crystal" von Berker mit Swarovski-Steinchen in einem gläsernen Rahmen.

Foto: Berker GmbH & Co. KG

Funky: Buster & Punch erhöhen den Lichtschalter zum Wandschmuck.

Foto: Buster & Punch

Sie sind quadratisch, flach und unauffällig: Wenn es eine Hierarchie unter den Dingen des Alltags gibt, rangieren Lichtschalter auf den untersten Plätzen. Kaum jemand käme auf den Gedanken, den weißen Kunststoffobjekten Aufmerksamkeit zu schenken - bislang zumindest. Denn wenn es nach den Messeneuheiten der letzten Monate geht, werden die Aschenbrödel der Hausausstattung nicht nur von ihrem Schattendasein befreit. Sie werden sogar wie Stars in Szene gesetzt.

Eine Vorreiterrolle hat hierbei das junge britische Label Buster & Punch ergriffen. Auf dem Londoner Designfestival stellte es im Herbst die Kollektion "Electricity" vor, die das gängige Bild von Lichtschaltern gehörig ins Wanken versetzte. Anstatt aus billigem Kunststoff in den Standardfarben Weiß, Cremeweiß oder Dunkelbraun werden die Schalter aus Stahl, Messing oder Bronze gefertigt.

Um jeden Verdacht von falschem Glanz vom Tisch zu räumen, kommt ausschließlich massives Metall zum Einsatz - und keine bemalten Kunststoffteile, wie sie normalerweise in Baumärkten ihr tristes Dasein fristen. Worum es geht, ist das Echte, das Handfeste und das Dauerhafte - etwas, das auch in 100 Jahren noch funktionieren wird und die zeitlichen Dimensionen in eine gefühlte Ewigkeit verlängert.

Stahl, Messing, Bronze: Die Electricity-Kollektion von Buster & Punch im Metallkoffer.
Foto: Buster & Punch

Die Botschaft der materiellen Verwandlung ist eindeutig: "Seht her an die Wand!", rufen die glänzenden Schmuckstücke. Umgekehrt dient das metallische Aufrüsten keineswegs nur der Repräsentation nach außen. Das Illuminieren der Deckenbeleuchtung wird in ein bewusstes Ritual verwandelt, das sich dem Alltäglich-Banalen entzieht. Den Grund dafür liefert der Mechanismus selbst, indem das ganzflächige Format gewöhnlicher Kippschalter zugunsten von abstehenden Drehschaltern aufgegeben wurde. Diese verfügen über eine besonders griffige Musterung, die dem Metall mithilfe eines Diamantenschleifers abgerungen wurde und an die Tonregler von E-Gitarren erinnert. Ab 40 Euro aufwärts kosten die Heavy-Metal-Schalter, die in einfacher und doppelter Ausführung sowie in verschiedenen Materialkombinationen erhältlich sind.

Auch die großen Anbieter lassen die Standards hinter sich. So ergänzt Gira die Designkollektion "Esprit" nicht nur um Echtmetallschalter aus Edelstahl und Aluminium. Mit der ab November erhältlichen Ausführung "Linoleum-Multiplex" kommen ebenso nachwachsende Rohstoffe für die Gebäudetechnik zum Einsatz. Linoleum ist ein Gemisch aus natürlichen Zutaten wie Leinöl, Baumharzen, Kork, Holzmehl und Kalksteinpulver, von denen 80 Prozent regenerativ sind. Neben einem guten Gewissen bieten die Naturschalter noch einen weiteren Vorteil: Sie erlauben eine Palette von sechs matten Farben, die sich wohltuend von denen ihrer hochglänzenden Plastik-Pendants unterscheiden.

Linoleum-Multiplex von Gira.
Foto: Gira

Beton und Kristall

Einen Schritt weiter geht Berker mit der designaffinen Schalterserie "R.1", die ebenso geschliffenen Beton, naturbelassene Schiefer, geprägtes Leder, gebeizte Eiche oder farbiges Glas ins Spiel bringt. Die Betonausführung wurde vor allem für die Montage auf roh belassenen Sichtbetonwänden konzipiert, wo konventionelle Kunststoffschalter umso stärker als Fremdkörper wahrgenommen werden als auf einer klassisch weiß gehaltenen Wand. Durch den Einsatz von Holz und Leder werden sinnliche Werte in den Vordergrund gerückt - wenngleich die materielle Verwandlung in diesem Falle nur die Rahmen umfasst und die runden Wippschalter weiterhin aus schwarzem oder weißem Kunststoff gefertigt sind. Je nach Größe schlagen die Schalter der "R.1"-Serie zwischen 40 und 185 Euro zu Buche.

Wer es exklusiver mag, wird ebenfalls fündig. Bereits vor längerem wurde von Berker die Schalterserie "TS Crystal" vorgestellt, die einen "glamourösen Blickfang in jeder anspruchsvollen Einrichtung" verspricht. Die gläsernen Rahmen werden mit Drucktastern aus transparenten, rubinroten oder goldgelben Swarosvki-Kristallen kombiniert. Höhepunkt der Kollektion ist das Modell "TS Crystal Ball", die sich durch das leichte Berühren eines großen halbkugelförmigen Kristalls steuern lässt und in einfacher Ausführung rund 560 Euro kostet.

Ist das Einsatzgebiet dieses Modells eher in Moskau oder Dubai zu vermuten, haben die neuen Messing-, Bronze- oder Lederschalter einen ungleich universelleren Effekt. Durch den Kontakt mit der Hand beschleunigt sich der Alterungsprozess, wodurch die Schalter eine natürliche wie individuelle Patina annehmen. Während konventionelle Kunststoffmodelle mit der Zeit unansehnlich werden, gewinnen die neuen Schalter mit jedem Jahr an Attraktivität. Das Spannende dabei: Trotz ihrer vermeintlich altmodischen Hülle lassen sie sich ebenso mit der modernen Haustechnik vernetzen. Wer also künftig am Bronze-Regler dreht, bestimmt längst nicht nur über hell oder dunkel. Bis zu 300 weitere Gebäudefunktionen können mit einem Schalter angesteuert werden und tanzen fortan im Heavy-Metal-Takt. (Norman Kietzmann, Rondo, DER STANDARD, 14.11.2014)