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Die Geschichte klingt im Grunde recht billig, wie der reißerische Plot eines spanenden, aber unglaubwürdigen Agenten-Splattermovies mit Actionstars wie Schwarzenegger, Bruce Willis und Sly Stallone. An die unfreiwillig komischen Storys von James-Bond-Streifen aus der Ära des Kalten Krieges erinnert die allerdings wahre Historie des Typ 650, die Peter Kirchberg aus den Eingeweiden internationaler Archive exhumiert und penibel nachrecherchiert hat.

Wassili Stalin, der Sohn des allmächtigen russischen Diktators höchstpersönlich, hatte 1949 bei den Chemnitzer Motorenwerken den Rennwagen "Awtowelo Typ 650" in Auftrag gegeben, um der kapitalistischen Übermacht auch im Motorsport etwas entgegensetzen zu können. Also lange vor Wladimir Putins persönlichem Formel-1-Denkmal in Sotschi. Der Rennwagen Awtowelo Typ 650 (alias "SOKOL", zu Deutsch "Falke") entstand im Reparationsauftrag für die UdSSR zwischen 1949 und 1952.

Rasant in Chemnitz

Tatsächlich sind zwei komplette Rennautos gebaut worden. Sie kamen nach Russland, einer später nach England. Heute sind beide wieder in Deutschland. Ihre Wege waren verschlungen, und sie sind auch heute noch streckenweise im Dunkeln verborgen. Konstruiert wurden die Boliden im sächsischen Chemnitz. Federführend waren Konstrukteure der Auto Union und von BMW. Ein Rennen bestritten die Autos nie. Einzig ein Filmauftritt belegt deren Existenz.

Von Geheimnissen und Mythen beseelt bleibt die Geschichte der Rennautos. Fragmente befanden sich lang im Besitz der Kustodie der TU Dresden. Ingenieuren der Hochschule Zwickau gelang eine Rekonstruktion. Im "PS-Speicher" der Erlebnisausstellung der "Kulturstiftung Kornhaus" in Einbeck wird einer der beiden Wagen ab 2015 öffentlich zu besichtigen sein. (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 7.11.2014)