Das Bild zeigt Resultate einer hydrodynamischen Simulation: Zwischen den beiden Teilen bildet sich eine markante Lücke.

Grafik: Universität Wien

Wien - Üblicherweise rotieren Planeten in die gleiche Richtung um ihre Sonne, in die sich diese selbst um die eigene Achse dreht. Beobachtungen von Exoplaneten haben aber überraschend gezeigt, dass einige davon ihre Sterne "falsch herum" umlaufen, also rückläufig. Wiener Astrophysiker haben nun eine neue Theorie zur Erklärung dieses Phänomens veröffentlicht: Am Beginn der Entstehung von Planetensystemen könnten kollabierende Gaswolken Planeten "andersrum" rotieren lassen.

Unsere Sonne rotiert um ihre eigene Achse im gleichen Sinn, in dem auch ihre Planeten umlaufen. Das ist auch in anderen Systemen des Universums so, auch wenn die jeweilige Rotationsrichtungen völlig zufällig sind, wie der Wiener Astrophysiker und Koautor Manuel Güdel von der Universität Wien erklärt.

Der Grund für diese Gleichförmigkeit der Drehrichtung liegt in der Entstehung der Systeme: Nach gängiger Theorie entstehen Sterne aus rotierenden Gasmassen, die sich zusammenziehen und immer schneller zu drehen beginnen. Im Laufe der Zeit bildet sich so eine flache, riesige Gas- und Staubscheibe um den Stern, in der sich die Planeten bilden. Und aufgrund des Drehimpuls-Erhaltungssatzes rotieren die Planeten dann in die gleiche Richtung um ihre Sonne wie sich diese selbst dreht.

Einflussreiche Gaswirbel

Beobachtungen von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems - bisher wurden über 1.800 Exoplaneten entdeckt - haben jedoch gezeigt, dass einige Planeten ihren Stern rückläufig umlaufen. Eine mögliche Erklärung dafür war bisher, dass sich mehrere Planeten eines Sonnensystems durch ihre Schwerkraft so beeinflussen, dass sie rückläufige Bahnen einnehmen.

Im Fachjournal "Astronomy and Astrophysics" schlagen die Wiener Astrophysiker um Eduard Vorobyov nun aber ein neues Erklärungsmodell vor: In ihren Modellrechnungen gingen sie davon aus, dass sternproduzierende Gaswolken im interstellaren Raum nicht isoliert, sondern in einem chaotischen Gasmedium eingebettet sind, das Wirbel in verschiedene Richtungen aufweist.

Lückenbildung

Wenn nun eine bereits rotierende Gaswolke auf ihrer Wanderung durch den Raum in ein Gebiet mit Gasströmungen gelangt, die sich in die entgegengesetzte Richtung drehen, kann sich in der Folge in den äußeren Regionen eines Systems eine verkehrt herum rotierende Scheibe bilden. Weiters zeigt die Berechnung, dass sich dort, wo sich die Kräfte noch die Waage halten, eine Lücke zwischen den beiden gegenläufig rotierenden Scheiben bildet. Das Material der inneren Scheibe wird in der Folge vom Stern angezogen und lässt diesen anwachsen, während sich in der äußeren Scheibe Planeten bilden können. Diese würden dann rückläufig um den Stern laufen.

"Die weitere Umgebung der Stern- und Planetenentstehung ist also von größter Wichtigkeit für den Aufbau eines Planetensystems", so Vorobyov. "Die Art, wie eine Gaswolke von außen behandelt wird, kann den Charakter eines ganzen Planetensystems bestimmen". Die neue Theorie für rückläufige Planeten steht damit aber erst am Anfang. Neu geplante Modellrechnungen sollen nun Aufschluss über eine ganze Palette von möglichen Planetenanordnungen geben. (APA/red, derStandard.at, 15.11.2014)