Eisenstadt – Das Burgenland steckt gerade – deshalb ist das Jammern übers saublöde Fallen der Herbstfeiertage hier auch leiser – mitten in einem schönen verlängerten Wochenende. Am Dienstag tritt das Land – soweit eingeschult oder zumindest beamtet – zu Ehren des heiligen Martin, des Landespatrons, in den Zustand der Beschaulichkeit.

Und gedenkt so bei weit geöffneten Kellertüren und sich vor lauter schmackhaft bereiteten Gansln biegenden Tischen des mantelteilenden, zu Laternderln animierenden Heiligen.

Heuer aber wird dem beschaulich dahinmeditierenden Burgenland eine ungewohnte religionspolitische Ehre zuteil. Bartholomaios I., Patriarch von Konstantinopel, quasi der Papst der Orthodoxie, besucht das Pannonische. Am Dienstag kommt es im Eisenstädter Martinsdom, so der Sprecher der Diözese, zu einem "weltkirchlichen Gipfeltreffen der Ökumene". Immerhin hat sich auch der diesbezüglich oberste Vatikanverantwortliche, Kurienkardinal Kurt Koch, mit einer päpstlichen Grußbotschaft angesagt.

Orthodoxes Kloster am Zicksee geplant

Hintergrund des Gipfels bei Burgenlands Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics ist dessen Bereitschaft, der griechisch-orthodoxen Kirche ein Grundstück in St. Andrä am Zicksee zu überlassen, damit dort das erste orthodoxe Kloster Österreichs entstehe.

"Ich danke Ihnen für Ihre Martinstat", ließ der Konstantinopeler Patriarch, der den burgenländischen Bischof schon seit längerem kennt, im Voraus ausrichten. Heute, Montag, werden die beiden Oberhirten St. Andrä besuchen. Um 16 Uhr laden sie in die katholische Kirche zum "Gebet für die Einheit der Christen". Ein Gebet, das dem pannonisch-fränkischen Heiligen wohl weitgehend unverständlich geblieben wäre.

Geboren wurde Martin nämlich noch in der vorschismatischen Zeit, um 316 nach Christus, in Claudia Savaria, dem heutigen Szombathely, als Sohn eines römischen Offiziers, der ihn ebenfalls für den Militärdienst bestimmte. Deshalb auch der vom Kriegsgott Mars bezogene Name.

Erstes Schisma

Über das Leben des Martin – über Oberitalien kam er nach Gallien – werden bis heute reichlich Legenden erzählt: vom barmherzigen Mantelteilen bis hin zur Bescheidenheit vor der Berufung zum Bischof von Tours.

In seine Lebenszeit fällt aber auch das erste große Schisma der Christenheit. Konstantin der Große, der die Christen erstmals an die Tafel der Macht geladen hat, ließ 325 beim Konzil von Nicäa die weitverbreitete Lehre des Arianus als Häresie verdammen. Wenig später, 330, verlegte dieser Konstantin seine Hauptstadt ins schon ziemlich abgewirtschaftete Byzanzion, das er mit großer Geste und offener Hand zum prachtvollen Konstantinopel ausbauen ließ.

Seit 1054, seit Patriarch Michael I. und Papst Leo IX. einander exkommunizierten, sitzt dort (heute Istanbul) der Obersthirte der Orthodoxie. Diese Spaltung hat den Kontinent bis heute nachhaltig und blutig geprägt.

Ausgerechnet am 11.11.

In die Lebenszeit Martins fiel die Militarisierung der Christen. Martin (nach seiner Abrüstung "miles christi", Soldat Christi) war Offizier. Kaiser Konstantin siegte im Zeichen des Christusmonogramms. Und mit Martins halbem Mantel, der "cappa" – sorgsam bewahrt in der Kapella, behütet vom Kapellan –, zog Karl der Große dann gen Osten, fast bis zu Martins Geburtsstadt. Dass der martinische Feiertag ausgerechnet am 11. 11. begangen wird, mag damit zusammenhängen. Da gräbt man ja nicht nur den lustigen Fasching aus. Die dem Fußball so zugeschneiderte Zahl Elf – die zwischen der heiligen Zehn (Gebote) und der heiligen Zwölf (Apostel) liegt – ist eine echt teuflische Zahl. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 10.11.2014)