Sofia - Rechtsgerichtete Anti-EU-Politiker stützen schon seit fünf Jahren die Regierungen in Bulgarien. Das neue Kabinett von Boiko Borissow folgt diesem Modell: Mit den Stimmen der Patriotischen Front wurden Borissow und seine Minderheitsregierung am Freitag im Parlament in Sofia bestätigt. Nur der frühere Nachtklubbesitzer Slawi Binew und ein weiterer Abgeordneter der "Front" versagten Borissow die Unterstützung.

Er werde eine pro-europäische, reformorientierte Regierung anführen, kündigte der 55-jährige Ex-Leibwächter gleichwohl an; Bulgarien habe zwei Jahre Instabilität hinter sich. Borissow war im Februar 2013 auf dem Höhepunkt von Straßenprotesten gegen seine Sparpolitik zurückgetreten.

Borissow hatte sich bereits in seiner ersten Amtszeit ab 2009 zunächst durch die rechtsextreme Partei Ataka tolerieren lassen, später verhalfen ihm einzelne rechtsgerichtete Parlamentarier zur nötigen Mehrheit. Auch die von Juni 2013 an regierende linksliberale Koalition, der eine Stimme fehlte, stützte sich auf Ataka.

Dennoch markiert die Regierung Borissow II einen Wendepunkt. Erstmals gibt es einen Koalitionsvertrag, in dem politische Ziele der beiden Regierungspartner festgeschrieben sind - Borissows Mitterechtspartei Gerb (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens) und Reformblock, eine Vereinigung rechter Kleinparteien und der liberalen Bürgerbewegung der früheren EU-Kommissarin Meglena Kunewa. Zudem ist eine kleine Linkspartei, die Alternative für Bulgarien (ABV), mit einem Minister vertreten. Gerb, RB und ABV kommen auf 118 Stimmen, die Patriotische Front liefert den Rest. Erstes Problem der Regierung ist die Abwicklung der Oligarchenbank KTB, bei der viele Staatsunternehmen Konten haben.(Markus Bernath, DER STANDARD, 8.11.2014)