Am Sonntag droht der Crew aus Columbus das Saisonende. Die Zeit in den USA genießt Pogatetz (Mitte) trotzdem.

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Die Highlights aus dem Spiel zwischen Columbus Crew und New England Revolution.

Major League Soccer

Wien/Columbus - Das Ende naht. Wenn die Columbus Crew am Sonntag zum Playoff-Rückspiel bei New England Revolution antritt, muss die Mannschaft aus Ohio eine 2:4-Niederlage wettmachen. Aus Emanuel Pogatetz spricht der nüchterne Realismus des Profis: "Vermutlich werden wir ausscheiden." Zu naiv sei die Mannschaft in jenem Match gewesen, zu effektiv der Gegner. Just im entscheidenden Moment sei die schwächste Leistung der jüngsten Vergangenheit erbracht worden.

Das in den USA praktizierte Playoff-System ist unbarmherzig, im Grunddurchgang konnte die Crew gegen New England noch zwei Siege feiern. "Davon haben wir jetzt aber nichts mehr", sagt der einstige Nationalspieler im Gespräch mit dem Standard. Alles oder nichts, heißt es im Saisonfinish. "Do or die", wie der US-Amerikaner etwas martialisch zu sagen pflegt.

Major League Soccer, NBA und NHL

Diesen September zog es Pogatetz nach Übersee. Der Steirer hatte nach "einem Platz in einer Top-Liga oder dem Abenteuer" gesucht. Er fand Letzteres, und zwar in der Major League Soccer. "Es macht hier richtig Spaß", sagt Pogatetz und erzählt nicht nur vom anhaltenden Soccer-Boom, sondern auch von unterhaltsamen Freizeitoptionen.

Zuletzt stand ein Besuch bei einem NHL-Match der Columbus Blue Jackets auf dem Programm, die Cleveland Cavaliers rund um Basketball-Superstar LeBron James sind auch nicht weit. Bisher nahm Pogatetz auch bei seinem Verein die Rolle des Zusehers ein. Zweimal wurde der 31-Jährige eingewechselt, die wenigen Einsatzminuten seien absehbar gewesen: "Ich war über den Sommer vereinslos und bei meiner Ankunft nicht fit genug." Im Playoff wollte Trainer Gregg Berhalter, einst Legionär bei Energie Cottbus und 1860 München, auf die bis dahin erfolgreiche Elf vertrauen: "Verständlich, es gab keinen Grund für eine Umstellung."

Die spielfreie Zeit kam dem Österreicher nicht ungelegen, die brachliegende Energie wurde administrativen Zwecken gewidmet: "Ohne Sozialversicherungsnummer gibt es hier keine Wohnung und kein Auto. Ich musste einiges erledigen." Nächste Saison will Pogatetz die ihm zugedachte Rolle als Führungsspieler einnehmen, die Vorfreude ist groß: "Die Stadien sind modern und gut besucht, die Fans verbreiten positive, familiäre Stimmung." Der Schnitt in der Liga steht bei 19.000 Zusehern, im Crew Stadium sind es etwas weniger. Das Publikum bekommt flotte und körperbetonte Spiele in einer aufgrund der Gehaltsobergrenze ausgeglichenen Liga zu sehen. Taktik würde man nicht überbewerten, die dadurch entstehenden Räume seien dem Spektakel förderlich. Und das ist in den USA kein Nachteil.

Pogatetz hat sich in seiner Karriere viele Träume erfüllt. Er genoss einen Ruf in der Premier League, zählte bei Hannover 96 und dem 1. FC Nürnberg auch in der deutschen Bundesliga zum Stammpersonal. Der Abstieg mit den Franken sei bitter gewesen, die Zeit bei Middlesborough umso schöner. "Mad dog" haben sie ihn in England respektvoll genannt. Und dieser Hund konnte austeilen, er ging aber auch dorthin, wo es nicht nur sprichwörtlich wehtat. 2006 brach er sich Nase, Kiefer und Jochbein, drei Monate später stieg er wieder ins Training ein. Sein ehemaliger Coach, der frühere englische Nationaltrainer Steve McLaren, sah sich zu einer Übertreibung veranlasst: "Pogatetz gibt nie weniger als 300 Prozent."

Konkurrenz im Nationalteam

Auch das österreichische Nationalteam wusste die Hingabe des Innenverteidigers über Jahre hinweg zu schätzen. Auf Pogatetz war Verlass, sechzig Spiele lang. 2002 gab er sein Debüt, zwölf Jahre später seine bislang letzte Vorstellung unter Teamchef Marcel Koller: "Er zieht mich in Betracht, aber ich kann keine Ansprüche stellen." Mit Aleksandar Dragovic, Martin Hinteregger, Sebastian Prödl und Kevin Wimmer ist die Position nicht unterbesetzt, als Stürmer hat man es hierzulande leichter. Jammern will Pogatetz nicht, in die Zukunft blickt er ohnehin gelassen. Bis 2016 läuft sein Vertrag, danach sei vieles möglich: "Aber ich muss nicht mehr alles machen. Das ist ein Privileg, besser könnte meine Lage kaum sein." (Philip Bauer, DER STANDARD, 7.11.2014)