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Libanesische Soldaten drängen am Mittwoch in Beirut mit Eiern und Tomaten bewaffnete Demonstranten vor dem Parlament zurück. Dieses hatte zuvor beschlossen, sein Mandat zu verlängern.

Foto: AP/Hussein Malla

Beirut/Wien - Wegen der instabilen Lage im Land hat das libanesische Parlament in Beirut - von Protesten begleitet - zum zweiten Mal die Legislaturperiode verlängert, diesmal gleich bis 2017. Das würde auf das Überspringen einer verfassungsmäßigen Parlamentswahl, die alle vier Jahre ansteht, hinauslaufen. Allerdings wurde in den Beschluss eine Einschränkung eingebaut: Die Verlängerung gilt nur, bis ein neuer Präsident gewählt ist. Sobald das gelingt, soll auch eine Parlamentswahl folgen.

Der Libanon ist seit Ende Mai, als die Amtszeit von Michel Sleimane auslief, ohne Staatsoberhaupt. Für die Wahl des Präsidenten im Parlament ist ein Konsens der zwei großen verfeindeten politischen Lager - und von deren Protektoren im Ausland - nötig. The Daily Star zitiert am Donnerstag den libanesischen Politikwissenschafter Hilal Kashan mit der Aussage, dass das Parlament in seiner Geschichte eigentlich noch nie einen Präsidenten "gewählt" habe: Es handle sich im Grunde immer nur um eine Bestätigung eines Kandidaten, der das Produkt einer regionalen Übereinkunft sei.

Gemeinsamer Feind IS

Diese ist jedoch nicht in Sicht, die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, den Schutzmächten der politischen Blöcke, haben sich nicht entscheidend verbessert, trotz des neuen gemeinsamen Feindes "Islamischer Staat" (IS). Auch der Libanon ist mit Destabilisierungsversuchen von radikalen sunnitischen Kräften konfrontiert, die ihre Aktivitäten damit rechtfertigen, dass die libanesische schiitische Hisbollah auf der Seite des Assad-Regimes in Syrien kämpft. Zuletzt war Tripolis Austragungsort von Kämpfen zwischen Armee und Jihadisten. Im Libanon ist vor allem die in Syrien kämpfende und Al-Kaida zugerechnete Nusra-Front aktiv, die zwar prinzipiell eine Konkurrentin der IS ist, aber punktuell auch mit ihr kooperiert.

Die Bedeutung der Wahlverschiebung für die libanesische Konkordanzdemokratie, in der die Posten nach konfessioneller Zugehörigkeit und Quoten vergeben werden, wird kontrovers diskutiert: Manche meinen, dass es schon eine Leistung und das Wichtigste sei, dass der politische Frieden gewahrt bleibt, obwohl sich die Anhänger der Lager in Syrien und teilweise auch im Libanon gewalttätig bekriegen. Immerhin könne nun das Parlament weiterarbeiten, eine Regierung ist ja auch seit einigen Monaten im Amt. Eine Einigung auf ein neues Wahlrecht - ein Dauerbrenner der Innenpolitik - wäre zurzeit ohnehin nicht zu erreichen gewesen.

Der Iran ist Protektor der schiitischen Hisbollah, die mit ihren Alliierten - darunter der Christenpolitiker Michel Aoun, der gerne Präsident werden würde - die "Allianz des 8. März" bildet. Saudi-Arabien hingegen unterstützt die Sunniten von Saad al-Hariri und seiner "Zukunftsbewegung": Das ist die "Allianz des 14. März".

Kurzes Tauwetter

Die Hoffnungen auf eine Verbesserung der iranisch-saudischen Beziehungen blühten kurz im September auf, als sich die beiden Außenminister, Prinz Saud al-Faisal und Mohammed Javad Zarif, am Rande der Uno-Vollversammlung in New York trafen. Als der militärische und politische Vormarsch der schiitischen Huthi-Milizen im Jemen ungebremst fortschritt - der in Saudi-Arabien als iranische Machenschaft wahrgenommen wird -, nahm Riad die feindseligen Töne gegen Teheran wieder auf.

Eine weitere akute Gefahr für eine Eskalation dürfte jedoch vom Tisch sein: Nach einem Brief von Irans Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani hat der saudische König Abdullah das Todesurteil gegen den saudi-arabischen schiitischen Geistlichen Nimr Baqir al-Nimr aufgehoben. Eine Hinrichtung hätte die saudi-arabischen Schiitengebiete in Brand setzen können. Dort wurden zum Festtag Ashura hingegen mehrere Schiiten getötet. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 7.11.2014)