Trächtiges Exemplar des Eurohippus messelensis.

Foto: Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt

Frankfurt am Main - Klein wie ein Foxterrier, aber mit 14 Klauen - Paläontologen des Senckenberg-Forschungsinstituts Frankfurt (Main) in Deutschland haben einen ihrer spektakulärsten Funde der vergangenen Jahre am Donnerstag in Berlin vorgestellt: Das Fossil einer trächtigen Urzeit-Stute mit gut entwickeltem Fötus im Bauch.

Das Tier hatte je vier Klauen an den Vorder- und je drei an den Hinterbeinen. Das rund 47 Millionen Jahre alte Fundstück aus der Grube Messel bei Darmstadt sei außergewöhnlich gut erhalten, sagte Forscher Jens Lorenz Franzen. Die Forschungsergebnisse wurden im "Journal of Vetebrate Paleontology" veröffentlicht.

Tod durch Kohlendioxid?

Entdeckt wurde das Skelett des Urzeit-Pferdes Eurohippus messelensis bereits im Jahr 2000, doch in den vergangenen beiden Jahren brachten unter anderem Mikro-Röntgenaufnahmen neue Details ans Tageslicht. Nicht nur zum Muttertier, sondern auch zum gut entwickelten Fötus. Das Fohlen wäre vor 47 Millionen Jahren ganz normal zur Welt gekommen, wenn das Muttertier nicht kurz vor der Geburt gestorben wäre, berichtet Franzen.

Über die Todesursache gibt es bisher aber nur Hypothesen. Die Forscher vermuten, dass das Tier durch eine Gasvergiftung in der Nähe eines Maares starb, das damals die heutige Region um die Grube Messel als riesiger Süßwassersee bedeckte. Das Kohlendioxid könnte durch Erdlöcher nach außen geströmt sein - eine Spätfolge des Vulkanismus. Solche Prozesse sind heute noch von den phlegräischen Feldern nahe dem Vulkan Vesuv bekannt.

"Bei einem solchen Gasaustritt atmet man reines Kohlendioxid ein, ohne es zu bemerken", erläutert Franzen. "Das Gehirn wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Und der Tod tritt ganz schnell ein." Für die Gas-Theorie spricht, dass Wissenschafter seit den 1970er-Jahren eine ganze Herde von fossilen Urzeit-Pferden in der Grube Messel gefunden haben - fast 60 Tiere, darunter acht trächtige Stuten. Eine davon ist besonders gut konserviert.

Verblüffende Ähnlichkeiten

Die Skelette mit gekrümmter Wirbelsäule zeigen auf, wie sich die heutigen Pferde entwickelten. Ihre Urahnen waren nicht größer als heutige Hunde. Es gebe aber auch verblüffende Übereinstimmungen, betonte Franzen. So seien zum Beispiel Trächtigkeit und Geburt bei diesen Tieren bereits sehr ähnlich verlaufen wie bei ihren heutigen Nachfahren.

Untersuchungen des Mageninhalts der Urzeit-Pferde, die vermutlich bis zu zwölf Jahre alt werden konnten, gaben bereits Aufschluss darüber, was sie gefressen haben - und damit, was in ihrer Welt wuchs. Die Tiere lebten in einem Klima, das den heutigen Tropen ähnlich war - allerdings gab es trotzdem Jahreszeiten. Zeitgenossen der Pferde am Maar, die wahrscheinlich zum Trinken ans Wasser kamen, seien etwa Krokodile gewesen.

Auch deren Überreste wurden schon zahlreich in der Grube Messel gefunden, die Paläontologen, Umweltschützer und Bürgerinitiativen in den 1970er-Jahren erfolgreich gegen die Einlagerung von Müll verteidigten. "Um diese Funde beneiden uns heute Forscher aus der ganzen Welt", sagte Franzen. (APA/red, derStandard.at, 7.11.2014)