Das unscheinbare Haus in Wien-Rudolfsheim schafft es immer wieder in die Schlagzeilen.

Heribert Corn/www.corn.at

Anrainer beklagen sich seit Jahren über lärmende "Betteltouristen" und die Verwahrlosung ihres Grätzels.

Heribert Corn/www.corn.at

Wien - "Bitte Herr Bezirksvorsteher, helfen Sie uns." Mit diesen Worten richtet sich Jürgen J., der Eigentümer des "Problemhauses" in der Wiener Gebrüder-Lang-Gasse in einem Brief - der dem STANDARD vorliegt - an den Bezirksvorsteher des 15. Bezirks.

J., der sich bisher bedeckt hielt und auf Kontaktversuche der Medien nicht reagierte, wird mit dem Schreiben zu einem der Hauptakteure im Streit um das Objekt.

Sein Gegenpart: der Rudolfsheimer Bezirksvorsteher, Gerhard Zatlokal (SPÖ), der sehr bemüht ist, den Anrainern sein Engagement in der Sache zu demonstrieren - wohl mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Bezirkswahlen.

Schwere Vorwürfe

Das Problem: Seit das Haus vor rund vier Jahren von J. übernommen wurde, beklagen die Anrainer Lärm, Gestank und Müll. Mehrere Dutzend Menschen - laut Behörden "Betteltouristen" aus Bulgarien - teilen sich die fünf Wohnungen des Zinshauses. Der Eigentümer sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Neben Immobilienspekulation - er soll die Altmieter mithilfe der jetzigen hinausgeekelt haben -, soll er "Wuchermieten" verlangen und Matratzen tageweise vermieten

Bezirksvorsteher Zatlokal - der anders als die zuständigen Behörden - organisierte Kriminalität hinter den wechselnden Bewohnern vermutet, wirft dem Eigentümer gar Menschenhandel vor, weil dieser "nichts gegen die Situation tut". Überhaupt nimmt sich Zatlokal kein Blatt vor den Mund, wenn er gegen J. wettert.

Erpressungsversuch

Das Schreiben deutet er nun als Erpressungsversuch. J. beschreibt darin nämlich nur eine mögliche Lösung. 2015 - wenn die befristeten Mietverträge sowieso auslaufen - wolle er das Haus abreißen und neu aufbauen lassen. Die Baubewilligungen, die er dazu benötigt, müsse er aber rasch bekommen, denn sonst bestünde das Risiko, dass der Leerstand besetzt wird. Zatlokal hat aber in der Vergangenheit wiederholt verlauten lassen, dass der Bezirk die Genehmigungen nicht erteilen werde. Prinzipiell wäre damit das Problem zwar gelöst. Er befürchte aber, dass auch im Neubau ähnliche Zustände herrschen würden, sagt er auf Anfrage des STANDARD.

J. hingegen weist alle Anschuldigungen zurück. Er habe erst durch die Medien von den Problemen erfahren. Wenn er tagsüber im Haus nach dem Rechten sehe, wirke alles normal. Die Bewohner seien kooperativ. Er habe keine Beweise für unerlaubte Untervermietung. Eine vorzeitige Kündigung der Mietverträge sei deshalb schwer durchsetzbar. Sollten die Mieter nach Ende der Vertragsfristen den Auszug verweigern, werde er eine Räumung veranlassen.

Fakten offenlegen

"Ich sitze zwischen den Fronten", sagt der Eigentümer im STANDARD-Gespräch. Anrainer und Behörden setzten ihn unter Druck. Die Mieter würden ihn anflehen, bleiben zu dürfen. Bei einem Treffen mit Zatlokal würde er gerne "die Situation und die Verbesserung besprechen". Zatlokal würde dem aber nur unter der Bedingung zustimmen, dass J. "alle Fakten offenlegt": "Wie viele Mietverträge gibt es? Wer sind die Mieter? Wie hoch ist der Mietzins?"

Bis dahin will er an der bisherigen, wenig erfolgreichen Strategie festhalten, und den Eigentümer mit behördlichen Kontrollen, Anzeigen und Geldstrafen "solange nerven bis er aufgibt".

Bettler nicht umgezogen

Das Büro für Sofortmaßnahmen der Wiener Stadtverwaltung tangiert die emotional geführte Debatte übrigens nur wenig. "Je öfter wir kontrollieren, desto besser wird die Situation", zeigt sich Leiter Walter Hillerer sachlich. Es gebe kein Gesetz, das vorschreibt, wie viele Personen in einer Wohnung wohnen dürfen.

Medienberichte über rumänische Bettler, die aus einem kürzlich geräumten "Problemhaus" in der Neulerchenfelder Straße im 16. Bezirk in die Gebrüder-Lang-Gasse umgezogen seien, bestätigt Hillerer nicht. (Christa Minkin, DER STANDARD, 5.11.2014)