Wien - Gut zehn Kilometer Straßenbahngleise sind entlang der Wiener Ringstraße verlegt, parallel je fünf Kilometer für Fahrten im und entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Substanz der Schienen auf dem Prachtboulevard ist teils in so dürftigem Zustand, dass an mittlerweile 15 Abschnitten die Maximalgeschwindigkeit auf 15 km/h gesenkt wurde.

Die Langsamfahrstellen betreffen vor allem die westliche Hälfte des Ringrunds. Besonders abgenutzt sind die Gleiskörper zwischen dem Karlsplatz und dem Parlament; das ist auch jenes Segment, das alle fünf den Ring passierenden Linien – 1, 2, D, 71 und die Tourismuslinie Vienna Ring Tram – regulär befahren.

Mitglieder der privaten Plattform Tramwayforum haben die Langsamfahrstellen dokumentiert und kartiert. Demnach ist der Zustand des äußeren Ringgleises, auf dem die Züge gegen den Uhrzeigersinn verkehren, mit zehn Langsamfahrstellen auf Längen zwischen 50 und 200 Metern besonders schlecht. Der längste zusammenhängende Abschnitt liegt auf der Innenseite des Burgrings mit einer Länge von rund 350 Metern.

Karte: www.tramwayforum.at

Während die Lebensdauer von Schienen naturgemäß begrenzt ist und sie in regelmäßigen Abständen getauscht werden müssen, häuften sich in den vergangenen Wochen die Gleisschäden signifikant. Dementsprechend stieg auch die Zahl der Dienstaufträge, in denen die Wiener Linien ihre Tramchauffeure zum Langsamfahren anweisen.

Gleisbrüche und Weichenschäden sind entlang der Trasse offen erkennbar, im Unterbau sorgen Absenkungen dafür, dass die Schienen nicht mehr auf einer exakten Fluchtung liegen und die Garnituren Schräglagen erreichen oder die Räder nicht vorgesehenen Bewegungsfreiraum bekommen. Schlimmstenfalls sei mit Entgleisungen zu rechnen, heißt es dazu im Tramwayforum.

Die Ursachen für die Schäden werden vor allem in der hohen Belastung durch die Niederflurfahrzeuge ULF verortet. Die Langzüge der jüngsten Straßenbahngeneration wiegen leer 43 Tonnen und bieten 207 Passagieren Platz. Die jahrzehntelang eingesetzten E1- und E2-Hochflurzüge mit ihren Beiwagen erreichen bei einer Beförderungskapazität von 180 Personen ein Eigengewicht von etwas über 34 Tonnen. Das höhere Gewicht bei den neueren Zügen ist zudem auf weniger Achsen verteilt und die Last deshalb punktuell höher. Neben dem Einsatz der "Schienenfresser" ULF wurde aber auch Kritik laut, dass Gleise nicht mehr so regelmäßig ersetzt werden wie früher.

Foto: Privat

Die Wiener Linien sind freilich um Beruhigung bemüht und weisen auf Nachfrage auf das umfangreiche Streckennetz der Wiener Straßenbahn hin: "Bei einem Gleisnetz von 670 Kilometern lässt es sich nicht vermeiden, dass neue Schadstellen hinzukommen, die laufend behoben werden", sagt Unternehmenssprecher Dominik Gries. Die derzeitige Situation sei kein Anlass für Beunruhigung.

"Im Gegenteil: Wir richten die Langsamfahrstellen aus Sicherheitsgründen eher früher als später ein, manchmal sogar zu vorsichtig oder großzügig", so Gries. Ein besonders maroder Abschnitt auf Höhe Burgring werde in der nächsten Baustellensaison im Frühjahr saniert.

Die Situation am Ring analysieren Mitarbeiter der Wiener Linien wie in der restlichen Stadt laufend, sagt Gries. Tatsächlich gibt es auch abseits des Rings schwer schadhafte Stellen im Wiener Straßenbahnnetz. Am Montag wurden bei Gleisarbeiten in der Laudongasse durchgerostete Schienen entdeckt und wegen akuter Gefährdung sofort getauscht. Knapp fünf Stunden mussten die Linien 5 und 33 umgeleitet beziehungsweise kurzgeführt werden. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 5.11.2014)