Forschungen zum Wiener Büromarkt (im Bild das Euro Plaza in Wien-Meidling) gehören zu den Aufgaben der Stiftungsprofessur für Immobilienwirtschaft an der FH der Wirtschaftskammer Wien.

Illu.: Strauss & Partner / Anna Blau

Peter Sittler (li.) ist Stiftungs- professor an der Wiener Immobilienwirtschaft. Institutsleiter Otto Bammer lässt für die Praxis forschen.

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Wien - Mit Grundlagenforschung hält man sich am Institut für Immobilienwirtschaft der FH Wien erst gar nicht lange auf. "Das überlassen wir den Universitäten", sagt Institutsleiter Otto Bammer selbstbewusst. Weil man "kraft gesetzlicher Anordnung" als Fachhochschule aber natürlich doch auch "der Forschung verpflichtet" sei, orientiert man sich an den Notwendigkeiten der drei "klassischen" Berufssparten der Immobilientreuhänder: Makler, Verwalter, Bauträger. Entsprechend "anwendungsorientiert" wird am Institut geforscht; aktuell etwa an einem Marktmodell für den Wiener Büromarkt.

Hier kommt Peter Sittler ins Spiel: Er hat am FH-Institut am Währinger Gürtel seit wenigen Wochen die Stiftungsprofessur für Immobilienwirtschaft inne, die 2011 (vorerst bis 2017) ins Leben gerufen wurde und zu 70 Prozent von der Stadt Wien gesponsert wird. Sittlers Vorgänger Alexander Bosak hat mit den Arbeiten am Büromarktmodell begonnen, zog sich aber im Sommer davon wieder zurück. Sittler übernahm und entwickelt nun ein "Immobilienplanspiel", das zeigen soll, "wie sich die Abläufe am Wiener Büromarkt gestalten und an welchen Marktparametern herumgeschraubt werden kann". So sollen die Zyklen am Wiener Büromarkt besser prognostiziert werden können.

Diesbezüglich kündigt Sittler für die nächsten Wochen eine Veröffentlichung an. Daneben kümmert sich der Stiftungsprofessor institutsintern auch um das Thema Softwarelösungen für Immobilienberufe, es ist eines seiner Themengebiete als Vortragender.

Damit zusammenhängend "erbte" Sittler ein weiteres Thema von seinem Vorgänger, ohne das es die ganze Stiftungsprofessur gar nicht gäbe: Immo-Apps. 2011 gab es dazu einen Forschungsauftrag aus der Wirtschaft, damals waren Apps noch relativ neu. Mittlerweile sind die kleinen Programme für Smartphones und Tablets aber "nicht mehr der neueste Schrei", wie Sittler als IT-Experte selbst weiß.

Andererseits verhindere auch die in Österreich nach wie vor übliche Praxis, in Immobilien-Annoncen keine genauen Adressen zu nennen, eine breite Durchsetzung der sogenannten Geocodierung, die dann etwa eine Immobiliensuche per interaktiven Stadtplan ermöglichen würde. Sittler hat das Thema deshalb um Fragen der Immobilien-Präsentation in 3-D unter Zuhilfenahme der sogenannten "augmented reality" erweitert.

Innovationsscheues Land

In Österreich sei man da "leider noch etwas innovationsscheu", grundsätzlich sei das aber ein zukunftsträchtiges Thema, sagt Sittler - und zeigt eine App her, mit der im Vorjahr ein Hamburger Immobilienprojekt vermarktet wurde: Per QR-Code in einer Verkaufsbroschüre lässt sich am Tablet eine 3-D-Darstellung des Gebäudes ansehen und beliebig drehen.

Die starke Praxisorientierung der Immo-FH lässt sich auch daran erkennen, dass fast alle Vortragenden fest im Beruf verankert sind. Das hat wiederum den Vorteil, dass es an "praktischen" Themen für die Bachelor- oder Masterstudenten (jeweils 40 werden jedes Jahr aufgenommen) nicht mangelt: "Da poppt oft im Tagesgeschäft eine Problemstellung auf, man hat aber selbst keine Zeit, sich damit zu beschäftigen", erklärt Institutsleiter Bammer. So entstehen Masterarbeiten, die sich beispielsweise mit der Verkehrswertermittlung kontaminierter Grundstücke beschäftigen.

"Das sind gute Themen für Masterarbeiten", sagt Bammer, der bei der Vergabe außerdem darauf Wert legt, dass die Arbeiten auch gleich von jenen (externen) Mitarbeitern betreut werden, die die Problemstellungen aufwerfen. "Die kennen die Hintergründe und sind auch selbst an der Lösung interessiert."

Zweimal verwertet

Die Ergebnisse sollen dann wiederum nicht einfach nur Bibliotheken füllen, sondern "mindestens zweimal" verwertet werden: "Einerseits fließen sie in die Lehre zurück; das heißt, dass unsere Studierenden gemäß aktueller Forschungserkenntnisse ausgebildet werden. Andererseits werden diese Erkenntnisse auch den Immobilientreuhändern draußen zur Verfügung gestellt" - in Form von Vorträgen und Workshops oder auch in Beiträgen für Fachmagazine.

Die Abschlussarbeiten der heimischen immobilienwirtschaftlichen Institute - neben Wien gibt es sie noch in Kufstein, Wiener Neustadt und Krems - können über die Immobilienwirtschaftliche Zentralbibliothek abgerufen werden. Allerdings nur von WKÖ-Mitgliedern - und auch nicht immer sofort nach Fertigstellung: Werden heikle Firmendaten in einer Arbeit erwähnt, kann diese für fünf Jahre gesperrt werden. Grundsätzlich solle aber "jede Masterarbeit der wissenschaftlichen Community zur Verfügung stehen", so Bammer. Ein offener Zugang ist nicht geplant. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 5.11.2014)