Über eine Stunde ließ Evo Morales am Montag die versammelte Presse warten. Boliviens soeben wiedergewählter Präsident weilt derzeit in Wien, um die 2. UN-Konferenz der Binnenentwicklungsländer zu besuchen, an der Vertreter von 32 Staaten teilnehmen.

Dort erklärte er, dass Bolivien eigentlich kein Binnenland, sondern lediglich "vorübergehend seines Meereszugangs beraubt" worden sei. Das südamerikanische Land verklagte 2013 seinen Nachbarn Chile vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, um den im Salpeterkrieg (1879–1884) verlorenen Zugang zum Pazifik wiederzuerlangen.

Man hoffe, dass das Haager Gericht Chile zur Wiederaufnahme von Verhandlungen zwingen werde, erklärte Boliviens Ex-Präsident Eduardo Rodriguez, der Morales auf seiner Reise begleitet.

Wie der angestrebte Meereszugang Boliviens konkret aussehen könnte, wollte Morales nicht ausführen: Dies sei Gegenstand aktueller Verhandlungen, es gebe viele Möglichkeiten.

Morales beklagte bei der Pressekonferenz, dass ihm gegenüber mehrere chilenische Staatsoberhäupter ihre Bereitschaft zu einer friedlichen Lösung des Konflikts beteuert hätten, am Ende aber weder von Präsidentin Michelle Bachelet noch von deren Vorgänger und Nachfolger Sebastián Piñera konkrete Vorschläge gekommen seien.

Gaskonflikt mit Brasilien

"Das Problem liegt nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen den Regierungen", erklärte Morales. Bei seinen Besuchen im Nachbarland habe er mehrmals festgestellt, dass im Gegensatz zu den Politikern Chiles soziale Bewegungen Boliviens Anliegen unterstützten.

Evo Morales hatte kaum Zeit für die Presse.
Foto: Bert Eder

Wenig kompromissbereit gab sich Präsident Morales im Gaskonflikt mit Brasilien: Die während seiner Amtszeit verstaatlichte Pipeline, durch die Erdgas in das Nachbarland transportiert wird, sei Eigentum des bolivianischen Volkes, die enteignete Betreibergesellschaft habe Umsturzpläne gegen seine Regierung unterstützt.

Ausländische Gasunternehmen seien nunmehr lediglich "Partner Boliviens". Morales habe kürzlich Verhandlungen mit dem spanischen Gas- und Erdölkonzern Repsol geführt, dessen Vorstand großes Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit mit Bolivien gezeigt habe. (Bert Eder, DER STANDARD, 4.11.2014)