"Wir haben leider erlebt, dass 70 Prozent Muslime aufgenommen worden sind": FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache findet, dass Österreich verfolgten Christen zu wenig hilft.

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STANDARD: Die aktuelle Stunde im Nationalrat der FPÖ lief unter dem Titel "Sicherheit statt Islamisierung und Asylchaos", am Mittwoch rufen Sie schon wieder das Parlament unter dem exakt gleichen Motto zur Sondersitzung zusammen. Sind Sie gefangen in einer Endlosschleife?

Heinz-Christian Strache: Das Thema ist brennender denn je. Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass hier massive Fehlentwicklungen und ein Versagen der Regierung stattfinden. Rund 80 Prozent der Asylanträge werden rechtskräftig abgewiesen.

STANDARD: Sie fordern eine Höchstzahl für Asylwerber. Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Strache: Wir reden von Flüchtlingshöchstzahlen für Europa. Österreich ist ein kleines Land mit beschränkten Ressourcen. Irgendwann sind die Kapazitäten enden wollend. Wir können die Probleme der Welt nicht lösen, indem wir aus allen Krisenregionen Millionen Menschen zu uns holen.

STANDARD: Die sitzen doch in Syriens Nachbarländern: mehr als eine Million Flüchtlinge im Libanon, 620.000 in Jordanien. Ist das nicht genug?

Strache: Weltweit gibt es bis zu 60 islamische Staaten. Natürlich haben die eine Verantwortung. Die Christen in der Region sind besonders gefährdet und haben keine sichere Zufluchtsstelle. Da hat wiederum Europa eine besondere Verantwortung. Die Regierung hätte beim Flüchtlingskontingent von 1500 Personen aus Syrien dafür Sorge tragen müssen, dass hier vor allem verfolgte Christen zum Zug kommen. Wir haben leider erlebt, dass 70 Prozent Muslime aufgenommen worden sind.

STANDARD: Ist es nicht absurd, verfolgte Menschen nach Religion einzuteilen?

Strache: Der Christ muss dort überall mit Verfolgung rechnen.

STANDARD: Aber Österreich nimmt doch nur ein Extrakontingent von 1500 syrischen Flüchtlingen auf.

Strache: Sag ich ja. Wir haben zu wenigen Christen geholfen.

STANDARD: Also mehr Christen ins Land holen?

Strache: Europa allgemein hat diese Verantwortung. Aber eben nicht nur, indem man Transfers macht, sondern indem man endlich eingreift und gegen diese 30.000 Radikalislamisten vorgeht. Es kann doch nicht sein, dass man die gewähren lässt, die EU zusieht, ein paar Pseudobombardements stattfinden und man nicht wirklich etwas unternimmt.

STANDARD: Sind Sie für Bodentruppen?

Strache: Natürlich. Wenn es um das Abschlachten von Menschen geht, das man tagtäglich auf Youtube sieht, muss natürlich die Welt Vorsorge tragen, dass man solche radikalen faschistischen Strömungen auch niederringt und nicht zusieht, wie so ein Massenschlachten weiter stattfindet.

STANDARD: Unter Beteiligung des österreichischen Bundesheers?

Strache: Österreich kann nur friedenssichernd tätig sein. Sonst widerspricht es der Neutralität.

STANDARD Zu einer friedvolleren Variante: Sie fordern eine Hilfe vor Ort ein. Soll dafür der Auslandskatastrophenfonds aufgestockt werden?

Strache: Das ist nur europäisch zu lösen. Und da müssen grundsätzlich einmal Dinge hinterfragt werden. Wenn es um die Entwicklungshilfe der letzten Jahrzehnte geht, muss man sich die Frage stellen: Inwieweit ist das effizient für die Dritte Welt?

STANDARD: Die deutsche Regierung hat gerade 500 Millionen Euro zusätzlich für Syriens Nachbarstaaten freigemacht. Braucht es auch in Österreich eine Mittelaufstockung?

Strache: Das halte ich für vernünftig. Wir sollten ein Paket schnüren, um den Flüchtlingen vor Ort Hilfe angedeihen zu lassen.

STANDARD: Via Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds?

Strache: Nein. Das soll ein Extraposten sein, der genau in diesen Regionen für diese Menschen sichergestellt ist und nicht wieder in andere Kanäle fließt.

STANDARD: AMS-Chef Johannes Kopf will die Arbeitsgenehmigung von der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung abhängig machen.

Strache: Das ist ein Unsinn. Wie kann er mittels Wahrscheinlichkeit Entscheidungen bemessen, die unabhängige Richter treffen? Solange der Asylstatus nicht besteht, soll von derartigen Forderungen Abstand genommen werden.

STANDARD: Laut Statistiken werden Anträge von Syrern zu 76 Prozent positiv entschieden, bei Afghanen sind es 51 Prozent.

Strache: Wir haben bereits 50.000 Tschetschenen in Österreich. In Deutschland wird bei ihnen kein Verfolgungsgrund gesehen.

STANDARD: Was stört Sie an Tschetschenen?

Strache: Wir mussten leider Gottes feststellen, dass ein großer Teil von Tschetschenen, die zu uns unter dem Begriff Asylstatus gekommen sind, auffallen bei kriminellen Aktivitäten, bei schwerer Gewalt, und wenn es um radikalen Islamismus geht.

STANDARD: Verbinden Sie hier gerade pauschal eine Personengruppe mit Verbrechen?

Strache: Das tue ich nicht. Ich nehme nur die Kriminalitätsberichte des Innenministeriums sehr ernst. Natürlich sind es Einzelfälle, aber die sind auch ernst zu nehmen.

STANDARD: Zurück zum radikalen Islam: Besonders anfällig dafür sind Jugendliche. Wie geht man mit dieser Problematik um?

Strache: Man muss Sorge tragen, dass Kinder in den Schulen unser freiheitlich-demokratisches Wertesystem erfahren. Und nicht in Parallelbildungseinrichtungen, die manchmal sogar Förderungen bekommen, mit dem Gegenteil davon indoktriniert werden. Jetzt braucht sich niemand wundern! Lehr- und Glaubensinhalte gehören grundsätzlich offengelegt - und gepredigt wird auf Deutsch.

STANDARD: Jetzt wird der Verhetzungsparagraf verschärft ...

Strache: ... was ein völlig falscher Ansatz ist. Wir müssen viel stärker auf Taten und Handlungen setzen als auf verbale Aussagen. Von einem Gummiparagrafen, der Leute, die Kritik üben, mit dem Strafgesetz bedroht, geht eine große Gefahr aus. Das ist ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit.

STANDARD: Geht es da auch um Ihre Poster?

Strache: Es ist interessant, wie einseitig die Postings auf meiner Facebook-Seite bewertet werden. Ich bekomme ständig hasserfüllte Schimpftiraden gegen meine Person, selbst Mordaufrufe. Darüber berichtet niemand.

STANDARD: Als Sie die Petition zum Erhalt des österreichischen Brauchtums auf Facebook gepostet haben, schrieb ein "Freund" darunter: "Unser Land, unsere Sitten, unsere Bräuche - wem das nicht passt, der darf gehen" - okay für Sie?

Strache: Aber ja, wer sich bei uns nicht wohlfühlt und meint, alles sei so schlecht, der wird nicht gezwungen, hier zu bleiben. In der Regel ist es aber wohl umgekehrt.

STANDARD: Jetzt ist gerade Halloween. Nicht gerade unser Brauchtum, oder?

Strache: Ach, jeder soll seinen Spaß haben. Manche Menschen verkleiden sich gern.

STANDARD: Apropos verkleiden: Die ÖH will das Tragen von Couleur, also Band und Deckel, an der Uni verbieten.

Strache: Kann sie gar nicht. Das ist verfassungsrechtlich nicht möglich und ein Unding. Ich sage: Bunt statt Rot auf der Universität. (Peter Mayr, Karin Riss, DER STANDARD, 31.10.2014)