Nur weltraumtauglich ist der BMW i8 noch nicht

Am Wachauring hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Lautlos rollt der BMW i8 durch die Boxengasse, dort, wo in wenigen Minuten wieder laute Rennwagen angeworfen werden, die sich wünschten, so viel Leistung abrufen zu können.

Es ist eine Erleichterung, endlich am Ziel der Reise zu sein. Kollegen haben schon berichtet, dass das Ein- und Aussteigen, wegen der Scherentüren und des Sitzerls auf der Bodenplatte, eine Lektion in Demut sei - aber es ist nichts gegen eine Fahrt mit dem i8 am Bandl von Wien nach Melk.

Foto: Gluschitsch

Da ist vollste Konzentration gefragt. Eine Sekunde der Unachtsamkeit, und es raschelt. Ich nehme halt an, die Carbonhülle knuspert nur ein wenig, wenn sie sich in die anderen Autos arbeitet. Es liegt nicht daran, dass der 360 PS starke i8 kaum zu derfahren wäre. Das Problem sind die Männer und Frauen, die ebenso autonarrisch sind wie Sie und ich. Die fahren nämlich Kreise um den i8.

Sehen sie den i8 in der Ferne, schließen sie so schnell wie möglich zu ihm auf, schießen ein erstes Handyfoto aus dem offenen Seitenfenster. Dann setzen sie sich vor den i8, bremsen gemütlich bis auf einen 80er runter, bis man doch zum Überholen ansetzt. Dann filmt das Handy aus dem Fenster der Fahrerseite. Inzwischen ist links der nächste 3er ...

Foto: Gluschitsch

Steig halt aufs Gas und ab durch die Mitte, mag man empfehlen. Auf dem Weg zur Rennstrecke die Geschwindigkeitslimits zu ignorieren ist ungefähr so sexy wie vorm Essen beim Altvorderen noch schnell beim MäckDreck auf ein Faschiertes einzukehren.

Foto: Gluschitsch

Jeder sieht dem i8 von weitem an, dass er die schiere Kraft in sich vereint. Diejenigen, die wie Geckos an der Scheibe dieses Plug-in-Hybrids klebten, kannten Preis, Leistungsdaten besser als ich. "Null auf hundert in unter viereinhalb Sekunden, Spitze zwafufzig, E-Motor vorne, 1,5 Liter Twin-Turbo-Dreizylinder hinten, rein elektrisch geht lautlos, der Dreizylinder brüllt wie ein Rennmotor", erklärte nicht selten einer vollkommen ungefragt. Als ob dieses Wissen der Schlüssel zum Schlüssel sein könnte. Bestandene Aufnahmsprüfung, quasi.

Foto: Gluschitsch

Jeder von ihnen hat sich ein Bild davon gemacht, wie sich dieser Wagen fährt. Supersportlich. Pfeilschnell. Direkt. Gnadenlos. Das alles sieht man ihm an.

Das alles stimmt aber so überhaupt nicht. Die Lenkung ist so leichtgängig, dass man, wie im Punto gelernt, den City-Knopf sucht, den jemand versehentlich zum Einparken eingeschaltet hat. Vermutlich haben die schallplattendicken Vorderräder da eine Art Mitverantwortung zu tragen. Ihre Arbeit der Spurführung erfüllen sie aber gut, auch wenn das Feedback nicht immer das beste ist.

Foto: Gluschitsch

Das Fahrwerk holt keine Plombe aus dem Backenzahn. Gegen den i8 ist ein M4 ein brettelharter Sportwagen. Der fährt mit seinen 431 PS vermutlich auch auf der Rennstrecke Kreise um den i8. Denn, und jetzt lüften wir endlich das Geheimnis: Der BMW i8 ist kein Sportwagen, er ist vielmehr ein unglaublich feiner GT, technisch auf die Spitze getrieben und von geschulter Hand gezeichnet. Und als solcher ist der i8 auch eines der spannendsten Autos der letzten Jahre. Auch wenn er, GT eben, nur zwei Erwachsenen Platz bietet. Auch wenn er fast 130.000 Euro kostet. Auch wenn sein bester Platz auf der Rennstrecke mit Vornamen Park heißt. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 31.10.2014)

Link

BMW

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

Foto: Gluschitsch