Kurz vor Ende der achten Runde in jenem Kampf vom 30. Oktober 1974, der als "Rumble in the Jungle" in die Geschichte einging, zerschellte der bis dahin in 40 Kämpfen ungeschlagene George Foreman im Schlaghagel des damals 32-jährigen Muhammad Ali.

Groß und breit stand Ali über seinem Gegner den Ringrichter Zach Clayton ohne große Hast auszählte. Dann tänzelte der Sieger scheinbar schwerelos in seine Ecke.

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Die achte Runde endete für Foreman im Ringstaub von Kinshasa.
Foto: AP

Das Ende des Kampfes war so monumental wie dessen Entstehungsgeschichte. Promoter Don King hatte beiden Boxern je fünf Millionen Dollar garantiert, finanzieren ließ er sich das von Mobutu Sese Seko, dem Diktator des damaligen Zaire, dem das Spektakel als weltweite Werbung für sein Land höchst willkommen war. Der Kampf sollte ursprünglich fünf Wochen früher stattfinden, doch dann erlitt der 25-jährige Foreman im Training einen tiefen Cut am Auge. Der Gong ertönte somit erst am 30. Oktober 1974 um vier Uhr morgens Ortszeit, Prime Time am 29. Oktober in den USA.

Beide Kämpfer blieben mitsamt ihren Teams die gesamten fünf Wochen in Kinshasa. Ali rannte im täglichen Training wie ein Verrückter durch den roten Staub Afrikas, er ließ sich von Kuhhirten und spielenden Kindern feiern, hetzte sie auf, gab sich volksnah, eroberte die Herzen der Menschen im Sturm. Foreman blieb auf Distanz, erschien mit einem deutschen Schäferhund an der Leine im feinen Zwirn zu Pressekonferenzen und ließ keinen Zweifel an seiner Überzeugung. "Werden Sie im Falle einer Niederlage weiterboxen?", traute sich einer zu fragen. Foremans Augenbrauen schnellten in die Höhe: "Wie bitte?" "Wenn Sie gegen Ali verlieren, was machen Sie dann?" "Schafft mir den Idioten aus den Augen."

Der ganze Kampf als Video.
Levi Johansen

Derweil tobte Ali wie ein Straßen-Guerillero durch Kinshasa. "Er ist ein Dummbeutel, ein Blödmann, der Typ redet zu viel", brüllte er in Restaurants, an Straßenecken, im Gym. Immer wieder skandierte die Menge jenes berühmte "Boma ye (Töte ihn!)", ein geifernder Chor, der seinem Dirigenten bedingungslos folgte. Bis an den Ring, in dem Ali geschlagene acht Minuten auf Foreman wartete. Er nutzte die Zeit, führte die erhitzte Meute an ihren Siedepunkt, und der Schlund der Hölle hatte sich längst für Foreman geöffnet, als dieser endlich im edlen roten Bademantel durch die Seile kletterte.

Was dann passierte, hatte niemand erwartet, am allerwenigsten Foreman selbst. Er drosch auf Ali ein, seine Presslufthammer-Fäuste fanden immer und immer wieder ihr Ziel. Dann änderte der Größte seine Taktik. Er ließ sich weit nach hinten in die Seile fallen, die sein legendärer Trainer Angelo Dundee sehr viel weicher als üblich hatte spannen lassen. Alis Kopf war dadurch fast immer außerhalb von Foremans Reichweite, die Schläge gegen den Körper federte er mit seinen Unterarmen ab. "Rope a dope" nannte sich dieser Seiltanz - so effektiv wie das berühmte "Float like a butterfly, sting like a bee" des jungen Ali.

Foreman geriet außer sich vor Zorn, in blinder Wut prügelte er auf Ali ein und musste sich von diesem dafür auch noch verhöhnen lassen. "Hast du nicht mehr drauf, George, ist das alles?", zischte Ali. Ab der sechsten Runde wurde Foreman langsamer, er hatte sich total verausgabt - und Ali federte immer noch in den Ringseilen vor und zurück.

Und dann, 22 Sekunden vor dem Ende der achten Runde, schlug Ali zu. Mit ein paar schnellen Rechten löste er sich aus den Seilen, er ließ zwei mit tödlicher Präzision geschlagene Links-Rechts-Kombinationen folgen und traf insgesamt neunmal Foremans Kopf. Wie in Zeitlupe ging der Unzerstörbare zu Boden, hoch kam er aus eigener Kraft nicht mehr. Diese Niederlage, sagte Foreman im Gespräch mit der Welt am Sonntag 40 Jahre später, habe ihm alles genommen: "Mein Selbstwertgefühl, meine Würde, meinen Stolz. Es war das schlimmste Erlebnis meines Lebens." (sid, 30.10.2014)